Die enorme Masse an Paketen in diesem Jahr bringt die KEP-Dienstleister ins Wanken. Allerdings kommt ihnen die derzeitige Lage auch etwas entgegen.

Weihnachtsmannmütze und Pakete
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Die Paketdienste arbeiten am Limit: Jetzt sind die Sendungsmengen so hoch, dass sämtliche Kapazitäten, die zuvor aufgebaut wurden, auch im Einsatz sind. Gestern bestätigte etwa die Deutsche Post DHL Group, dass derzeit Verzögerungen auftreten können – dies sei jedoch weder ungewöhnlich noch unvorhergesehen eingetreten. Doch führt die Pandemie auch schon zu drastischeren Maßnahmen: Seit gestern gilt etwa ein Annahmestopp für Sendungen mit DHL nach Frankreich, da die Krise die dortigen Netzwerke zu stark beeinträchtigt hat.

Die Corona-Pandemie sorgt nicht nur für mehr Online-Bestellungen und damit mehr Pakete, Zusteller müssen auch mehr leisten: Die Abläufe sind aufwendiger, um für alle Beteiligten die Sicherheitsrisiken möglichst gering zu halten. In der Branche herrscht eine angespannte Stimmung, aber auch das Gefühl, die Paketfluten bewältigen zu können.

Hermes: Auch beste Vorbereitung hilft nicht gegen geringfügige Laufzeitverlängerungen

Hermes stellt derzeit pro Woche ca. 10 Millionen Pakete zu und rechnet damit, dass auch Spitzenwerte von 12 Millionen Sendungen erreicht werden könnten. „Insgesamt gehen wir von einem Plus von über 20 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal aus“, erklärt das Unternehmen gegenüber dem Logistik Watchblog. Die Aktionstage Black Friday und Cyber Monday hatten wie erwartet zur Folge, dass sich die Sendungsmengen auf wenige Tagen massiv konzentriert haben. „Hier hat unser System nie dagewesene Paketmengen bewältigt. Dies war vor allem möglich, weil wir uns in enger Abstimmung mit unseren Auftraggeber*innen intensiv auf die Peak Season vorbereitet haben“, so der Hermes-Sprecher weiter. 

Grundsätzlich seien die Systeme so aufgestellt, dass auch in den kommenden Wochen auf die gewohnt hohe Zustellqualität gezählt werden könne. Gleichsam räumt der Hamburger Logistiker ein: „Ein derartiger Mengensprung, wie wir ihn in der vergangenen Woche erlebten, führt jedoch selbst bei bester Vorbereitung dazu, dass nicht alle Sendungen wie gewohnt direkt am Folgetag zugestellt werden können, sondern es bei einem kleinen Teil der Sendungen zu geringfügigen Laufzeitverlängerungen gekommen ist. Um hier kurzfristig gegenzusteuern, haben wir z. B. die Samstags-Schichten an allen Logistik-Centern aufgestockt.“ 

„Angespannt, aber stabil“ – GLS nimmt keine Neukunden vor Weihnachten auf

Ähnlich ist der Tenor auch bei GLS: „Unser Netzwerk ist angespannt aber stabil und weiterhin mit einer guten Leistung für unsere Kunden“, erklärt das Unternehmen auf Anfrage. So werden laufend weitere Kapazitäten geschaffen, um die Mengen bewältigen zu können. 

Wenn Anpassungen rund um die Zustellung erforderlich sein sollten, „dann erfolgt dies in Abstimmung mit den Kunden“ verspricht GLS. Das Unternehmen stellt aber auch klar: „Vorrang haben unsere Bestandskunden und es werden keine Neukunden vor Weihnachten aufgenommen“. 

Bei der DPD gibt es aktuell ebenfalls keine Verzögerungen, wie uns ein Sprecher bestätigt. Trotz der hohen Mengen ist man sehr zufrieden mit der Qualität und den Laufzeiten der Zustellungen. 

Neuer Lockdown als unsichere Variable

Problematisch kann sich die Coronakrise aber dennoch auf die Branche auswirken. So wird gerade über eine Verschärfung der Lockdown-Maßnahmen gesprochen. Diese stellen Hermes zufolge „eine unbekannte Variable“ dar, da sie „nochmal eine ganz neue Dynamik im Hinblick auf das Bestellverhalten der Kunden entfachen können“. Auch DPD teilt diese Sorgen: „Allerdings bleibt abzuwarten, wie sehr das Weihnachtsgeschäft von Lockdown-Maßnahmen wie jetzt in Sachsen betroffen sein wird. Wenn die Menschen nun noch einmal verstärkt vom stationären Handel auf den Onlinehandel ausweichen, sind regionale Engpässe nicht auszuschließen.“ GLS wolle, im Falle einer Ausweitung des Lockdowns und einer weiteren deutlichen Steigerung des Online-Handels und der Paketmengen, die Situation gemeinsam mit den Kunden dann neu bewerten.

Anzahl erfolgreicher Erstzustellungen hat zugenommen

Einen positiven Aspekt habe die derzeitige Krisensituation jedoch ebenfalls: Da immer mehr Personen entweder aufgrund von Homeoffice- oder aufgrund anderer Corona-Maßnahmen zu Hause sind, treffen Paketboten die Empfänger auch öfter an. Laut Hermes liegt die Anzahl der Erstzustellungen derzeit bei rund 95 Prozent.

Diese Wahrscheinlichkeit, Sendungen schneller zuzustellen, hat auch bei anderen Paketdiensten zugenommen, wie die Verkehrsrundschau meldet.  Demnach werden auch kontaktlose Varianten, wie etwa das „Abstell-OK“ von DPD, bei dem der Empfänger einen sicheren Ort für die Paketablage vorab mitteilt, vermehrt genutzt und führen so zu schnelleren Abläufen in der Zustellung. Doch auch, wenn die Übergabe der Sendungen schneller erfolge, sei der Arbeitsaufwand für die Boten enorm: So hätten die Zusteller oft mehr Stopps und größere Pakete auszuliefern. 

Damit die Sendungen vor Heiligabend rechtzeitig ankommen, sollten die letztmöglichen Abgabetermine der einzelnen Unternehmen für Weihnachtspakete berücksichtigt werden. „Grundsätzlich raten wir aber wie jedes Jahr dazu, nicht auf den letzten Drücker zu bestellen bzw. seine Geschenke zu versenden. So ist eine pünktliche Lieferung meist dann noch gesichert, wenn die Paketzusteller*innen vom Winterwetter ausgebremst werden sollten“, stellt etwa Hermes noch einmal heraus. Auch DPD appelliert sowohl an die Online-Shopper als auch an Händler, Versandfristen nicht zu knapp zu fassen und Weihnachtsgeschenke so früh wie möglich zu bestellen bzw. auf den Weg zu bringen.

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Geschrieben von Hanna Behn




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