Künftig könnte es eine noch stärkere Fremdvergabe des Briefgeschäfts bei der Deutschen Post geben. Hintergrund ist der Tarifstreit mit Verdi.

Briefträger auf Fahrrad
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 Seit Anfang Januar schwelt der Tarifstreit zwischen Verdi und der Deutschen Post DHL Group. Nachdem der Logistiker in der dritten Verhandlungsrunde ein nach eigenen Angaben „Rekordangebot“ vorgelegt und dieses von Verdi abgelehnt wurde, herrscht Stillstand bei den Verhandlungen. Ab dem heutigen Montag kommt es nun zur Urabstimmung unter den Gewerkschaftsmitgliedern: Sollten sich mehr als 75 Prozent gegen das Angebot der Post aussprechen, drohen groß angelegte und unbefristete Streiks im Brief- und Paketgeschäft.

Trotz der Aussichten auf Arbeitsniederlegungen hat die Post nun noch einmal betont, dass man sich nicht auf die Maximalforderungen von Verdi einlassen werde. „Wir haben als Post für Deutschland über viele Jahrzehnte ein Betriebsmodell aufgebaut, das ausschließlich mit eigenen Kräften operiert. Wenn Verdi das jetzt alles vor dem Hintergrund kurzfristiger maximaler Lohnsteigerungen infrage stellt, werden wir unser Betriebsmodell überdenken müssen“, heißt es von Thomas Ogilvie, Personalvorstand beim Bonner Logistiker, in einem Interview mit der Berliner Morgenpost.

Fremdvergabe ist eine Option

Im Gespräch betont Ogilvie auch noch einmal die Möglichkeiten von Stellenabbau, sollte Verdi nicht von den hohen Forderungen abweichen. Es wäre eine „logische Konsequenz“, so der Personalvorstand weiter. „Wenn wir nicht mehr ausreichend in neue Betriebsstandorte investieren können, stellt sich die Frage, ob wir diese Standorte weiter selber betreiben können und wollen, oder ob wir sie fremdvergeben. Letztlich muss Verdi die Frage beantworten: Wollen sie mit uns gemeinsam das Modell der Deutschen Post mit hoher Eigenbeschäftigung beibehalten oder nicht.“

Erst vergangene Woche hat Post-Chef Frank Appel eine ähnliche Aussage getätigt und bestätigte, dass „unverhältnismäßige“ Lohnerhöhung auf lange Sicht zu Stellenstreichungen führen würden. Man habe Verdi bereits das größte Angebot in der Geschichte des Konzerns gemacht, nun sei die Gewerkschaft am Zug, darauf entsprechend zu reagieren und nicht mit erhöhten Forderungen das Geschäft zu gefährden.

Massive Streiks drohen: Auf alle „Eventualitäten“ vorbereitet

Sollte sich die große Mehrheit der Verdi-Mitglieder mit dem Angebot der Post nicht zufriedengeben und für unbefristete Streiks stimmen, müssen sich Verbraucher auf massive Einschränkungen beim Brief- und Paketversand einstellen. Bei der Post sei man dafür gewappnet und „auf alle Eventualitäten vorbereitet“, wie Thomas Ogilvie betont. „Wir haben Notfallpläne vorbereitet, damit die Beeinträchtigungen für die Kunden so gering wie möglich ausfallen. Es gibt Bereiche, in denen wir mit Drittkräften arbeiten könnten. Bisher haben wir bis Ende Juni die Fremdvergabe der Briefzustellung vertraglich ausgeschlossen. Das steht jetzt auf dem Prüfstand. Für die kommenden Wochen haben wir alle Pläne in der Schublade.“ Die Post versichert außerdem, dass man alle Sendungen zustellen werde und dies, auch im Falle eines Streiks, so schnell wie möglich.

Verdi kritisiert „Einschüchterungsversuche“ der Post

Inzwischen hat sich die Gegenseite Verdi zu Wort gemeldet. Die Drohung, Betriebsbereiche auszugliedern, sei laut der Gewerkschaft eine „untaugliche Einschüchterung“ vor dem Hintergrund der heute beginnenden Urabstimmung. „Auf diese Weise Ängste zu schüren, ist ein weiterer Versuch, die Beschäftigten bei der Urabstimmung negativ zu beeinflussen“, heißt es von der stellvertretenden Verdi-Vorsitzenden Andrea Kocsis. „Die Absicht hinter der angedrohten Ausgliederung ist klar: Eine gute tarifliche Bezahlung soll durch Fremdvergabe umgangen werden.“

Verdi kämpft schon länger für ein Verbot von Subunternehmen in der Paketbranche, um Lohndumping und Ausbeutung der Angestellten zu verhindern und für fairer Arbeitsbedingungen zu sorgen. 

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Geschrieben von Corinna Flemming




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