Der Dieselskandal hat das gesellschaftliche Bewusstsein für die Relevanz umweltfreundlicher Konzepte in der Logistik noch einmal geschärft. Ob E-Lkw, Platooning oder Mikro-Depots: Konzerne arbeiten mit Hochdruck an sauberen Lösungen für die Lieferkette. Die Zeiten marketinggetriebenen Greenwashings sind endgültig vorbei. Grüne Logistik ist zum Pflichtprogramm für verantwortungsvoll handelnde Unternehmen geworden.

Gründer Lkw auf Holzhintergrund
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Logistik ist der Motor unserer Wirtschaft. Doch auch sie produziert Emissionen. Über einzelne Stationen, beteiligte Partner und Lagerstandorte hinweg bis zur letzten Meile potenzieren sich die Belastungen für Mensch und Umwelt in einem komplexen System. Lärm, Abgase und Flächenverbrauch sind immer wieder Themen, die in der Öffentlichkeit kritisch beleuchtet werden. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Logistik auch in vielen vorgelagerten Bereichen wie der Produktion und Verpackung eine hohe Umweltrelevanz besitzt.

Mittlerweile nehmen Unternehmen und Regionen in ganz Europa die Sache ernst. Erst vor Kurzem haben die Niederlande eine emissionsfreie Stadtlogistik bis 2025 ausgerufen und sind über alle Lippenbekenntnisse hinaus aktiv dabei, dies in die Tat umzusetzen. In Deutschland laufen Tests für autonomes Fahren und Lkw-Platoons. Lagerhaltung wird völlig neu konzipiert: flexibler, effizienter, nachhaltiger. Rollende Hubs machen die Zulieferung und Zustellung in kürzeren Abständen möglich. Handelsflächen erhalten Lagerfunktionen. Mikro-Depots verringern die Zustellfrequenz in Städten. Metropolen entdecken Lastenräder. DHL fährt Street-Scooter. Und Mercedes Benz testet mit ausgewählten Logistikdienstleistern bundesweit den neuesten Stand vollelektrischen Fahrens im schweren Verteilerverkehr: Bis 2021 soll der eActros in Serie gehen.

Handfeste Veränderungen in der Supply Chain Hardware sind ein erster Schritt

Lkw, Bahn, Schiff, Flugzeug, Lager: Am Anfang der grünen Logistikkette steht die Supply-Chain-Hardware. Schon hier lassen sich durch moderne Technologien, aber auch durch intelligente Nutzung, erhebliche Umweltpotenziale erschließen.

Die Containerschifffahrt wartet mit interessanten Konzepten zur Emissionsreduktion auf. Tests zeigen erhebliche Emissionseinsparungen durch ein langsameres Fahrttempo (Slow Steaming) oder den Einsatz von Flüssigerdgas (LNG) statt Schiffsdiesel. Auch auf der Straße lässt sich viel für die Umwelt tun, wenn Fahrer darin geschult werden, den Gasfuß sensibel einzusetzen, und wenn moderne Telematik die Effizienz der Routen erhöht.

Und im Lager? Die Solaranlage auf dem Dach und die LED-Beleuchtung in der Halle sind ein wichtiger Schritt. Aber erst das Denken in neuen Dimensionen führt zu Ergebnissen, die über technische Details hinausweisen. Wie kann die Architektur der Logistikimmobilie flexible Nutzungsformen ermöglichen? Wie lässt sich eine Nachnutzung des Gebäudes über Generationen hinweg gewährleisten? Wie können unterschiedliche Waren- und Handelswelten an ein- und demselben Standort, unter einem Dach, gebündelt werden?

Nicht nur die Technik entscheidet, sondern das Konzept

Mit dem „multicube“ hat pfenning logistics ein Multi-User-Konzept entwickelt, das Anforderungen an eine nachhaltige Nutzung in unterschiedlicher Weise erfüllt. Da die Logistikimmobilie aus einzelnen Hallenmodulen besteht, kann sie flexibel für vollkommen unterschiedliche Kundenanforderungen „konfiguriert“ werden: So können einzelne Module beispielsweise für temperaturgeführte Waren, zur Lagerung von Gefahrgut oder als Aktionsfläche zur Warenaufbereitung genutzt werden. Auch die Einrichtung eines automatischen Hochregallagers ist möglich. Das Besondere an dem Konzept: Durch die Modulbauweise können vollkommen unterschiedliche Produkt- und Handelswelten an einem Standort gebündelt werden, womit sich unter anderem Transporte optimieren lassen.

Erst vor wenigen Tagen ist mit dem „multicube rheinhessen“ in Monsheim bei Worms der Baustart für das zweite Logistikzentrum dieser Art in Europa erfolgt; Vorbild für die Realisierung des Projekts ist der „multicube rhein-neckar“, der von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGBN) mit dem Platin-Standard ausgezeichnet worden. Denn der Multicube überzeugt zusätzlich zur neuen Nutzungsintelligenz mit einigen grünen Fakten: Europas größte Aufdach-Solaranlage produziert 8,1 Megawatt Strom und spart pro Jahr über 5.000 Tonnen CO2 ein. Dazu kommen Europas größte stille und schadstofffreie Kühlung mit Wasser, eine Dämmung besser als die eines Passivhauses und eine Auszeichnung für die beste Schadstofffreiheit im Bau.

Die Frage ist: Können sich nur Große leisten, grün zu sein? Diejenigen Unternehmen, die finanzielle und zeitliche Ressourcen mitbringen, um sich damit überhaupt im Alltag beschäftigen zu können? Sicher hat Green Logistics vor einigen Jahren mit hehren Ansprüchen aus der Corporate Social Responsibility angefangen. Marketing hatte sich Nachhaltigkeit und Werte auf die Fahne geschrieben, sah sich in gesellschaftlicher Verantwortung. Diese Phase ist vorbei. Das Thema ist im normalen unternehmerischen Alltag angekommen. Und das Schöne dabei: Ökologie und Ökonomie sind kein Widerspruch. Im Gegenteil, sie ergänzen sich aufs Beste. Und das nicht nur zum Nutzen der Gesellschaft und damit zum Nutzen aller. Sondern auch zum Nutzen der Unternehmen.

 


Matthias Schadler, Geschäftsführer von pfenning logisticsÜber den Autor

Matthias Schadler ist seit 2016 Geschäftsführer von pfenning logistics, einem der führenden Kontrakt- und Handelslogistiker in Deutschland. Bevor der Speditionskaufmann und studierte Betriebswirt 2015 in das Heddesheimer Logistikunternehmen eingetreten ist, absolvierte er Karrierestationen in international ausgerichteten Logistikkonzernen, darunter Agility, Dachser und in der Haniel Gruppe. Schadler gilt als ausgewiesener Experte in den Bereichen E-Commerce, Supply Chain Management und Reverse-Logistics.

 

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Geschrieben von Gastautor




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