Schon länger sei die Beschäftigung von Paketzusteller:innen in Subunternehmen mit Blick auf die Arbeitsbedingungen laut Verdi problematisch. 

Paketbote übergibt Paket
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Niedrige Löhne, lange Arbeitszeiten, mangelnder Arbeitsschutz – anders als jene, die direkt bei den großen Paketdienstleistungsfirmen angestellt sind, würden Angestellte bei Subunternehmen oftmals unter prekären Verhältnissen arbeiten. Das bemängelt aktuell erneut die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und stellt in diesem Zusammenhang auch die Verfassungsmäßigkeit von Subunternehmerstrukturen infrage: „Es ist höchste Zeit für ein gesetzliches Verbot von Subunternehmen in der Paketbranche, um prekäre Arbeitsbedingungen, Ausbeutung und illegale Beschäftigung wirksam zu bekämpfen“, forderte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis kürzlich im Rahmen einer Pressekonferenz.  

Schlechte Bedingungen vor allem bei Kleinstunternehmen

Missstände gebe es laut Verdi weniger bei Firmen aus dem deutschen Mittelstand, sie kämen stattdessen eher bei Tausenden von Kleinstunternehmen vor, die von den großen Paketdienstleistern eingesetzt werden. „Die Organisation in Kleinstunternehmen ist aus unserer Sicht genau dazu da, betriebliche Mitbestimmungen und Tarifverträge zu umgehen. Deswegen können wir auch als ver.di sagen, dass wir in diesen Subunternehmerstrukturen keine Tarifbindung vorfinden und in aller Regel auch keine Betriebsräte“, betont Andrea Kocsis. 

Ein neues Gutachten, das im Auftrag des Hugo-Sinzheimer-Instituts (HSI) für Arbeits- und Sozialrecht der Hans-Böckler-Stiftung erarbeitet und jüngst veröffentlicht wurde, zeigt diese strukturellen Probleme in der Paketbranche auf. Über die Jahre habe sich demnach „eine stark zerklüftete Branche mit vielen Kleinstunternehmen“ gebildet – 88 Prozent der insgesamt 14.400 Unternehmen in der Branche hätten weniger als 20 Beschäftigte. 

 

Fast die Hälfte der Zusteller:innen arbeitet bei Subunternehmen

Die meisten der sechs großen Paketdienstleister setzen hierzulande zumindest anteilig auf Subunternehmen. Lediglich DHL lasse Pakete fast ausschließlich von der eigenen Belegschaft zustellen, Amazon hingegen habe den Bereich der Zustellung fast gänzlich ausgelagert, erläutern die Fachleute des HSI. Insgesamt würde somit fast die Hälfte der Paketbot:innen für Subunternehmen arbeiten, 2 Prozent seien Solo-Selbstständige. Die Zahl der Zusteller:innen hat sich wiederum seit 2016 sogar verdoppelt, berichtet n-tv mit Verweis auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken. Ein Grund dafür sei unter anderem Amazons Initiative, auf selbstständige Lieferant:innen zu setzen, ergänzt hierzu der Linken-Abgeordnete Pascal Meiser. 

Während die Sendungsmengen im Zuge der Corona-Pandemie eklatant gestiegen sind, wurde laut dem HSI-Gutachten die Vergütung der Beschäftigten aber beispielsweise nicht verbessert: „Der Stundenlohn von Vollzeitbeschäftigten, der 2009 im Schnitt bei 17,12 Euro lag, betrug 2020 gerade einmal 17,13 Euro, was einem realen Minus von 15 Prozent entspricht“, so das HSI. Weiter wird auf unbezahlte Überstunden, eine hohe Arbeitslast und Lohnabzüge verwiesen. 

Direktanstellung zum Schutz der Beschäftigten

Versand- und Rücksendekosten gelten im Online-Handel als wesentlicher Wettbewerbsfaktor, allein die letzte Meile würde gut drei Viertel der Gesamtkosten ausmachen. Der starke Preisdruck und die Konkurrenz würden die beanstandeten Verhältnisse in den Subunternehmen jedoch verstärken, führen die HSI-Gutachterin Anneliese Kärcher und Gutachter Prof. Dr. Manfred Walser von der Hochschule Mainz weiter aus: „Indem die großen Konzerne diesen Teil der Dienstleistung auslagern, können sie den Preisdruck durch rigide Vorgaben an ihre Subunternehmen weitergeben, ohne für die Folgen arbeitsrechtlich geradestehen zu müssen. Am Ende der Kette stünden die abhängig Beschäftigten der Subunternehmen und die Soloselbstständigen, die für wenig Geld ein enormes Arbeitspensum bewältigen müssen, um die Vorgaben der großen Anbieter zu erfüllen“.

Verdi fordert nun mit Verweis auf das Gutachten ein Direktanstellungsgebot. Dies würde vor allem auf den Schutz der Beschäftigten abzielen, denn auch wenn es nicht automatisch zu besseren Arbeitsbedingungen führe, könnte es für mehr Transparenz und klare Verantwortlichkeiten sorgen. „Strukturelle Verstöße gegen arbeitsrechtliche Vorgaben dürften seltener werden, wenn die großen Paketdienstleister dafür haftbar gemacht werden können“, resümiert das Gutachten. 

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Geschrieben von Hanna Behn

Kommentare

#1 Bert Fröstel 2023-09-25 12:48
Es geht nicht um prekäre Arbeitsverhältn isse! Die Aktion dient m. E. nur dem Zweck, neue Gewerkschaftsmi tglieder billig zu rekrutieren. Ist es doch schwieriger, in 14.000 Unternehmen ehrlich zu argumentieren, als eine Handvoll Großunternehmen zu pressen und anzuzapfen. Das Gesetz ist so nötig wie ein gebrochenes Bein!
„Ausbeutung der Zusteller*innen “ an den Haaren herbeiziehen und aufbauschen- das macht die Gewerkschaft! Dazu die Leihmaulerei gewerkschaftsei gener Institute, die bei ihren Begründungen wiederum auf interne, nicht näher spezifizierte Informationen: „Von gewerkschaftlic her Seite und von Beratungsstelle n…“ abstellen.
Nun sollen ohne Not alle Subunternehmen kaputt gemacht werden. Da hängen Menschen, Familien, Verträge und andere Dinge dran!
Klar, schwarze Schafe müssen weg vom Geschäft. Dafür gibt´s genügend Gesetze und Verordnungen. Auch mit einfachen technischen Lösungen wäre das 100% transparent! Logische Schlussfolgerun g: die Behörden korrekt ausstatten für Kontrollen und Sanktionen. Das stärkt die Demokratie und das Vertrauen in den Staat. Dieses Gesetzesvorhabe n ist egoistischer Aktionismus, der in verbriefte Rechte eingreift. Ich hoffe, damit kommen sie nicht durch!



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