Ab kommendem Jahr tritt hierzulande das „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten“ in Kraft. In Bezug auf die Umsetzung gibt es einige Bedenken.

Vertragsabschluss Logistik
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Mit dem deutschen Lieferkettengesetz sollen nach und nach Firmen dazu verpflichtet werden, Sorge für die Einhaltung von Menschen- und Umweltrechten bei ihren Zuliefern zu tragen. 

Dass entsprechende Vorschriften in diesem Zusammenhang eingehalten werden können, glauben 7 von 10 Unternehmen – doch etwa 60 Prozent könnten aktuell nicht einschätzen, ob ihre direkten Lieferanten die jeweiligen Standards erfüllen könnten, zeigt eine Umfrage des US-Plattformanbieters Coupa unter 800 Führungskräften in Australien, Frankreich, Deutschland, Singapur, Großbritannien und den USA, über die Logistik-heute berichtet. Hierzulande wurden 100 Managerinnen und Manager befragt. 

Fehlende Datengrundlage als eine der größten Hürden

Die befragten Firmen sind sich einig, dass genaue Daten notwendig seien, um die Einhaltung der Vorschriften zu Environmental Social Governance, ESG (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) zu prüfen oder die Risiken von Verstößen abwägen zu können. Allerdings gaben fast zwei Drittel an, nicht über ausreichende technologische Kapazitäten zu verfügen, um die Situation bei ihren Zuliefern bzw. bei den Lieferanten ihrer Drittlieferanten bewerten zu können. Viele Unternehmen wüssten „schlichtweg nicht, mit wem sie Geschäfte machen“, erklärt Frank Cappel, Strategieberater und stellvertretender EMEA-Regionalleiter bei Coupa. „Selbst mit dem besten Willen kann kein Unternehmen seine ESG-Ziele vollständig umsetzen und einen bedeutenden Unterschied machen, wenn es nicht über genaue und aktuelle Daten verfügt, auf deren Grundlage es Entscheidungen treffen kann“, führt Donna Wilczekin, Coupa-Verantworliche für Produktinnovation und Strategie, zu dem Problem aus.  

Um diese Probleme angehen zu können, fordern die Führungskräfte unter anderem einen optimierten, branchenweiten Datenaustausch und eine bessere Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Lieferanten. 

BGA: „Es wäre besser, auf das Gesetz zu verzichten“ 

Das Gesetz wurde am 11. Juni 2021 vom Bundestag angenommen und tritt am 1. Januar 2023 in Kraft. Es gilt zunächst für Firmen mit über 3.000 Angestellten. Ab 2024 müssen Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitenden die gesetzlichen Pflichten erfüllen. Bereits rund um die Einführung wurde das Gesetz vielseitig kritisiert. Unter anderem hatte auch das Institut für Weltwirtschaft, ifw Kiel, auf Probleme verwiesen, die die Einführung des Gesetzes mit sich bringen könnte: Einerseits steigen die Importkosten, andererseits steigen die Exportkosten bei Zulieferern, etwa aus Entwicklungsländern, – ihnen werde es erschwert, durch Handel zu Wohlstand zu kommen, kritisierte das Institut im Zuge eines Gutachtens im vergangenen Herbst. 

Doch gerade aktuell sei das Vorhaben zu überdenken, wie Carsten Taucke, Präsidiumsmitglied des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen e.V. (BGA), in einer gestrigen Pressekonferenz des Verbandes betonte: „Dass in knapp neun Monaten zahlreiche Unternehmen mit neuen Auskunfts- und Dokumentationspflichten belastet werden, ist angesichts der aktuellen Lage offen gesprochen absurd. Es wäre besser, auf das Gesetz zu verzichten oder aber den Start zu verschieben. Das gilt im Übrigen auch für das geplante europäische Lieferkettengesetz“, sagte der Vorsitzende des BGA-Verkehrsausschusses. Die Branche ist aufgrund des Ukraine-Krieges unter anderem durch Lieferprobleme und hohe Energiepreise stark belastet, hinzu kommen komme fehlendes Personal, knappe Transport- und Containerkapazitäten, hohe Frachtraten sowie weiterhin die Auswirkungen der Corona-Pandemie, wie sich derzeit etwa am Lockdowns in Shanghai zeigt. 

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Geschrieben von Hanna Behn




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