Lastenräder und Mikro-Depots können dazu beitragen, Innenstädte zu entlasten und die Umwelt zu schonen. DPD hat die Alternative zu normalen Paketlieferwagen in Nürnberg getestet. Nach knapp einem dreiviertel Jahr wird es Zeit, einmal nachzufragen, wie das Projekt gelaufen ist.

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Über KEP-Dienstleister wird aktuell viel gesprochen. Dabei im Fokus steht das Weihnachtsgeschäft. Auch DPD hat sich auf die heiße Phase im Jahr vorbereitet und bis zu 4.000 zusätzliche Arbeitskräfte in Zustellung und Paketumschlag im Einsatz. An den mengenstärksten Tagen erwartet DPD, dass deutlich mehr als zwei Millionen Pakete pro Tag zugestellt werden. Im Vergleich zum Jahresschnitt steigt die Paketmenge um bis zu 50 Prozent, im Vergleich zum Weihnachtsgeschäft 2016 rechnet DPD mit einem Plus von 15 Prozent. Generell ist man zuversichtlich, die Weihnachtssaison gut zu bewältigen.

DPD hat dabei letztens mit der Forderung auf sich aufmerksam gemacht, dass in Städten speziell für Lieferdienste reservierte Haltezonen ausgewiesen werden sollten. Ob die Kommunen und Städte da mitziehen, bleibt abzuwarten. DPD weiß sich jedoch auch anders zu behelfen, denn auch mit Blick auf die Ökobilanz und generell immer voller werdenden Innenstädten, muss sich in der urbanen Logistik einiges ändern.

DPD setzt dafür auf Lastenfahrräder und Mikro-Depots. Wir haben mit Gerd Seber, Group Manager Sustainability & Innovation bei DPD Deutschland, über das Projekt in Nürnberg gesprochen.

LogistikWatchblog: DPD kündigte bereits im April 2016 an, zusammen mit GLS unter der Leitung der Technischen Hochschule Nürnberg den Einsatz von Mikro-Depots und Lastenrädern in der Innenstadt sowie in einem Wohngebiet zu testen. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

Gerd Seber: Mit der Stadt Nürnberg hat DPD bereits sehr gute Erfahrungen gemacht, wenn es um gemeinsame konstruktive Lösungen für die effiziente und umweltschonende Paketzustellung in der Innenstadt geht. Ein Beispiel dafür ist die seit vielen Jahren praktizierte Zustellung per Elektromobil in der Nürnberger Fußgängerzone. Auch zu Prof. Bogdanski von der Technischen Hochschule Nürnberg gab es bereits sehr gute Kontakte. Aus diesen Gründen war eine Mitwirkung an dem Pilotprojekt zu Mikrodepots in Nürnberg von Anfang an sehr relevant und spannend für uns – wir mussten da nicht lange überlegen.

Am Ende hat es fast ein Jahr gedauert, bis  die Mikro-Depots im täglichen Praxisbetrieb getestet wurden. Warum hat das so lang gedauert?

Am Anfang des Pilotprojekts stand eine umfassende Analyse der potenziellen Einsatzgebiete von Lastenrädern in Verbindung mit Mikrodepots. Die Technische Hochschule hat in dieser Zeit – auch mit unserer Unterstützung – sehr wertvolle Kriterien definiert, unter welchen Rahmenbedingungen ein wirtschaftlicher Einsatz von Lastenrädern zu erwarten ist. Teil der umfassenden Analyse waren auch mögliche Standorte von Mikrodepots sowie deren Beschaffenheit. Durch diese gründliche Analyse- und Vorbereitungsphase war es möglich, Lastenräder und Mikrodepots von Anfang an sinnvoll, wirtschaftlich und effizient zu nutzen.

Mittlerweile testet DPD seit fast einem dreiviertel Jahr die klimafreundliche Paketzustellungen in Form eines Mikrodepots und elektronischen Lastenrädern. Wie sieht die Bilanz bisher aus?

Unsere Lastenräder haben wir in Nürnberg schon vor Weihnachten 2016 sporadisch eingesetzt und Anfang des Jahres noch einmal die Schlagzahl erhöht. Die Bilanz nach einem knappen Jahr ist uneingeschränkt positiv. Die Erwartungen an die Effizienzvorteile haben sich bestätigt. In engen, sehr stark frequentierten Straßen mit einem hohen Anteil an Einbahnstraßen sind Lastenräder gegenüber dem herkömmlichen Sprinter klar im Vorteil. Im Ergebnis kann ein Lastenrad das herkömmliche Fahrzeug fast 1:1 ersetzen. Auch die Feinverteilung im Mikrodepot sowie das dortige Nachladen der Lastenräder funktioniert sehr gut.

Wie lang wird der Test noch gehen? Beabsichtig DPD die Lastenräder auch nach Abschluss des Pilotprojekts dauerhaft weiter zu nutzen?

Die Testphase ist für DPD bereits vorbei, wir sind schon seit vielen Monaten im Linienbetrieb unterwegs und werden natürlich auch zukünftig mit den Lastenrädern unterwegs sein. Die Zahl der Räder in Nürnberg haben wir bereits von 3 auf 5 erhöht. Die wissenschaftliche Begleitung ist ebenfalls weitgehend abgeschlossen.

Wie gehen die Paketboten mit den Lastenrädern um? Bzw. wie wurden diese von den Paketboten angenommen?

Die Resonanz der Zusteller ist sehr positiv. Von Kunden und Passanten bekommen sie viel mehr Zuspruch und Aufmerksamkeit als zuvor. Außerdem ist der Pakettransport per Lastenrad für die Zusteller deutlich entspannter, da die Belastung durch die angespannte Verkehrs- und Parksituation in der Innenstadt weitgehend entfällt. Selbst in den Wintermonaten hat sich der Lastenradeinsatz als sehr praktikabel erwiesen.   

Welchen Herausforderungen sieht sich DPD künftig bei der urbanen Logistik gegenüber?

Die begrenzten Flächen in der Innenstadt werden von immer mehr Verkehrsteilnehmern genutzt, die Verkehrs- und Parksituation verschärft sich zunehmend. Viele Städte reagieren darauf mit Restriktionen, auch gegenüber Paketdiensten. Dies drückt sich etwa in knapperen Lieferzeitfenstern für Fußgängerzonen oder ganze Innenstadtgebiete aus. Gleichzeitig werden Paketdienste immer wichtiger für die Bewohner der Städte sowie den städtischen Einzelhandel. Wir appellieren daher an die Städte, im eigenen Interesse konstruktive Lösungen mit uns zu suchen. Ein Beispiel dafür wäre die Ausweisung von reservierten Haltezonen für Lieferdienste, um den zunehmenden Lieferverkehr verträglicher und effizienter zu gestalten. Unterstützung seitens der Städte bei der Suche nach geeigneten und günstigen Flächen für Mikrodepots würde allen Beteiligten ebenfalls sehr weiterhelfen.

Wie sehen Sie die Erfolge der DHL mi ihren StreetScootern? Gibt es auch bei DPD Pläne, bei den Lieferfahrzeugen auf Elektro umzustellen?

Elektromobilität kann aus Sicht von DPD eine Schlüsselrolle auf dem Weg zu einer emissionsfreien Zustellung spielen. Wir erproben daher kontinuierlich verschiedene Fahrzeuge mit E-Antrieb im Praxistest. Für DPD scheitert der flächendeckende Einsatz von Elektrofahrzeugen allerdings noch an passenden Angeboten der Automobilindustrie. E-Antriebe gibt es bislang vor allem bei kleineren Modellen, nicht jedoch in der Sprinterklasse – und die ist für Paketdienste mit Abstand am wichtigsten.

 

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Geschrieben von Julia Ptock