Amazon ist aus dem Handel nicht mehr wegzudenken. Doch auch in der Logistik wird der Gigant zunehmend eine Größe. Gerade in den USA treibt Amazon seine Pläne, die komplette Transportkette selbst zu kontrollieren, stark voran. Der Bau eines eigenen Drehkreuzes für Luftfracht ist dabei nur ein Puzzleteil im Gesamtbild.

Amazon.com Fulfillment Center

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Amazon ist nicht nur Online-Gigant. Der Online-Marktplatz ist auch eine Größe in der Logistik. Allein in den USA betreibt Amazon 95 (!) Fulfillment Center mit einer Fläche von mehr als 6.842.696 Quadratmeter. Das entspricht 6,8 Quadratkilometer und ist noch nicht das Ende der Fahnenstange. Weitere 19 Lager sind in den USA geplant, was nochmal ein Plus von 1,3 Quadratkilometer bedeutet.  

Eigenes Drehkreuz für Luftfracht

Kein Wunder also, das Amazon zunehmen mehr Leute einstellen will. Das ambitionierte Ziel: 100.000 neue Stellen in den USA bis Mitte 2018. 2.000 dieser neuen Jobs sollen nach Medienberichten im Bundesstaat Kentucky entstehen. Wie der Online-Riese bekannt gegeben hat, soll der Flughafen Cincinnati im Norden des Bundesstaates Kentucky zu einem eigenen Drehkreuz für Luftfracht umgebaut werden. Über die Kosten ist bisher nichts bekannt, jedoch beziffert die örtliche Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft die Investition auf 1,49 Milliarden Dollar (1,39 Milliarden Euro).

Mit dem Bau eines eigenen Logistik-Drehkreuzes treibt Amazon seine Bestrebung im Bereich Logistik weiter voran. Bereits im August 2016 hat sich Amazon ein eigenes erstes gebrandetes Prime-Air-Flugzeug geleistet. Mit der Boeing 767-300 vergrößert Amazon seine Lieferkapazitäten, um die Lieferung innerhalb von ein oder zwei Tagen in den USA sicherzustellen. Mittelfristig besteht der Plan, ein eigenes Luftfracht-Netzwerk mit insgesamt 40 Flugzeugen aufzubauen, die nach und nach in den kommenden Jahren in Betrieb genommen werden. Damit ist der Online-Riese dann auch im Lufttransport weitgehend unabhängig von der Konkurrenz. Schon im März 2016 hatte Amazon dank einer Vertragspartnerschaft mit der ATSG 20 Boeing-Flugzeuge geleast.

Eigene Schiffe sind nur eine Frage der Zeit

Ebenso unabhängig will Amazon auf der Straße werden. Schon im Dezember 2015 hat Amazon 1.000 LKW aufgekauft, um Pakete und Sendungen selbst durch die USA zu fahren.

Und natürlich darf neben der Luft und der Straße auch das Wasser nicht fehlen. Nach Angaben des Amazon-Watchblogs hat Amazon damit begonnen, Produkte von chinesischen Händlern mit Frachtschiffen in die USA zu transportieren, um sie dort in seinen Logistikzentren einzulagern. Zwar hat Amazon noch keine eigenen Container-Schiffe gekauft, doch ist es mehr als wahrscheinlich, dass dies in der Zukunft geschehen wird. Zum aktuellen Zeitpunkt  tritt Amazon eher als Logistikanbieter und Organisator für Unternehmen auf, die die Schiffe besitzen. Amazon bucht Frachträume in den Ozeanriesen und kümmert sich um den Transport der Güter von den Schiffen zu den Logistikzentren und andersherum. Bislang habe Amazon schon mindestens 150 Container mit aus China importierten Gütern abgewickelt, heißt es weiter.

Bei den vorgestellten Entwicklungen dreht es sich in erster Linie darum, die Transportkette selbst zu kontrollieren. Die Lieferung direkt an den Endkunden ist dabei noch nicht eingeschlossen. Aber auch da ist Amazon auf dem besten Wege.

Noch läuft Amazon Logistics nicht rund

Gerade in Deutschland treibt Amazon Same-Day-Delivery immer weiter voran. Die Gesamtzahl der abgedeckten deutschen Großräume liegt bei 20. Damit ist der Dienst potenziell für 22 Millionen Menschen in Deutschland verfügbar. Doch wie es scheint, hat Amazon Logistics immer wieder erhebliche Probleme mit der Zustellung beim Endkunden. In Amazons Diskussionsforum häufen sich die Beiträge von frustrierten Kunden, die sich über den Dienst beschweren.

Und dennoch macht Amazon eine solide Figur auf dem Parkett. Wenn man bedenkt, dass Amazon selbst gerade beim Versand an den Kunden noch nicht so lange mitmischt, sind anfängliche Ausfälle verzeihbar. Zumal die bekannten Namen in der KEP-Branche auch nicht fehlerfrei sind. Jedoch sollte Amazon drauf achten, dass die Partner sorgfältig arbeiten, denn zunehmend schlechte Publicity kann den Ruf von Amazon schädigen. Und das ist sicherlich das letzte, was Amazon will. Doch auch die traditionellen Dienstleister sollten sich nicht auf die Faule Haut legen. Amazon baut sein Know-how im Management von Sortierzentren und outgesourcten Zustellflotten aus und kann damit seine Aktivitäten gezielt ausweiten – insbesondere in innerstädtischen Gebieten. Dadurch hat Amazon heute schon mehr Einblicke in die Sendungsstruktur und Auslieferung anderer Unternehmen, als vielen Paketzustellern und Einzelhändlern lieb und bekannt ist.

 

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Geschrieben von Julia Ptock