Pakete und Briefe nicht in der Postfiliale, sondern bei „Rentnerin Marie“ zu Hause abholen – mit dieser Idee sorgt die Schweizer Post derzeit für viele Diskussionen

Paketübergabe

© Africa Studio/Shutterstock.com

In ländlichen Regionen hat man öfter das Problem, dass die nächste Postfiliale kilometerweit entfernt ist. Problematisch ist das immer dann, wenn man ein Paket erwartet, dieses aber auf ebenjener weit entfernten Postfiliale abgelegt wurde. Die Schweizer Post hat für dieses Problem einen kuriosen Ansatz: Das Projekt „Marie“. Das soll Rentnerwohnungen zu Mini-Postfilialen machen. Dass die kuriose Idee nicht nur auf Gegenliebe stößt, überrascht kaum.

„Absurde“ Idee, geteiltes Echo

Die Post hat „Marie“ in einem internen Papier vorgestellt, dass dem Magazin 20 Minuten vorliegt. Darin heißt es, dass Senioren zu Hause „ein Basisangebot an Postleistungen“ anbieten könnten. Die Wohnung würde gleichzeitig zum Postschalter und zum „sozialen Treffpunkt“ werden. Dort könnten also Pakete abgegeben, aber zum Beispiel auch Briefe zum Versand vorbeigebracht werden.

In der Schweiz fallen die Meinungen zur kuriosen Projektidee mehrheitlich negativ aus. Viele, wie etwa Christian Capacoel von der Gewerkschaft Syndicom, halten die Idee für „absurd“: „Ich bin nicht sicher, ob viele Leute ihre Post in Privaträumen abholen wollen“, so Capacoel. Außerdem lasse sich ein vollwertiger Post-Service kaum von Privatpersonen abwickeln. „Rentnerin Marie wird keine Einzahlungen entgegennehmen können, vermutlich ist schon das Versenden eingeschriebener Briefe schwierig.“

Darüber hinaus sehen Capacoel und politische Parteien auch ganz praktische rechtliche Probleme. „Wer haftet, wenn Rentnerin Marie überfallen wird?“ Von Datenschutzfragen oder dem Postgeheimnis ganz zu schweigen, das in Privatwohnungen schwierig zu kontrollieren ist. Die Projektidee soll in einer kleinen Pilotphase getestet werden. Mit Schwierigkeiten wie Datenschutzfragen würde man sich, laut Schweizer Post, zu gegebener Zeit auseinandersetzen.

Projekt „Marie“ könnte Lohndumping begünstigen

Capacoel glaubt nicht daran, dass die Post das Projekt aus Service-Gründen anschieben will, um die Kunden besser zu erreichen, sondern um Kosten zu sparen. Würde die Idee landesweit ausgerollt, könnte es zur Schließung von Poststellen kommen, zudem würden Rentner als billige Arbeitskräfte die Löhne weiter drücken. „Das ist ein Angriff auf die Leute, die eine Ausbildung für den Job bei der Post gemacht haben.“ Es gibt zwar in der Schweiz auch Stimmen, die das Projekt begrüßen, doch diese scheinen in der Minderheit zu sein. In einer angehängten Online-Umfrage von 20 Minuten sind 62 Prozent der Teilnehmer von der Idee alles andere als begeistert.

/ Geschrieben von Christoph Pech




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