Volker Wissing sieht den Güterverkehr vor allem auf der Straße. Das bringt nun die Güterbahn-Unternehmen gegen den Verkehrsminister auf. 

Volker Wissing
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Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat kürzlich die Verkehrsprognose vorgelegt, die als Grundlage für die künftige Verkehrspolitik dienen soll. In erster Linie hat Wissing damit aber die Güterbahn-Unternehmen gegen sich aufgebracht: Der Verband Allianz pro Schiene, der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE) und der Verband der Güterwagenhalter in Deutschland üben gemeinsam scharfe Kritik an der Verkehrsprognose, berichtet das Handelsblatt. Vor allem die Zahlenbasis der Berechnung sehen die Verbände kritisch und haben die Annahmen selbst überprüft. 

„Die Schiene ist logistikfähig, hat bewiesen, dass sie trotz des Wandels in der Güterstruktur überproportional gewachsen ist, und wird auch den künftigen Strukturwandel mit innovativen Konzepten und politischem Rückenwind überdurchschnittlich meistern“, so das Fazit der Verbände. Die unterstellten Annahmen der Verkehrsprognose seien demnach teilweise falsch oder fehlerhaft – zulasten des Schienenverkehrs und zugunsten des Güterverkehrs auf der Straße.

Innovationen auf der Schiene ausgeblendet, Luftschlösser im Straßenverkehr

Demnach sei beispielsweise der künftige CO2-Preis bei Kraftstoffen zu niedrig angesetzt worden. In der Prognose liege er sogar unter dem mittlerweile festgelegten Wert bei der Lkw-Maut, der ab 2024 bei 200 Euro je Tonne CO2 liegen soll. Derartige Kritik der Güterbahn-Verbände sei nicht berücksichtigt worden. Ein weiterer Kritikpunkt sei die abstrakte Darstellung des Schienennetzausbaus und der Digitalisierung. Für das Autobahnnetz seien dagegen konkrete Maßnahmen benannt. 

Während die Prognose des Verkehrsministers Innovationen im Güterbahnverkehr schlichtweg ausblendet, finden sich für den Straßenverkehr Ideen wie reichweitenstarke Batterietechnologie für schwere Lkw, ausreichende Ökoenergie und eine gute Ladeinfrastruktur – ob das alles aber so umgesetzt wird, ist unklar. Trotzdem hält das Verkehrsministerium an der Vorstellung fest, dass nahezu alle schweren Nutzfahrzeuge ab 2035 elektrisch betrieben würden.

Dabei gibt es aktuell keine bezahlbaren Lastwagen oder entsprechende Ladestationen an der Autobahn. Die Bundesregierung selbst prognostiziert, dass 2040 lediglich rund 30 Prozent der Lkw-Kilometer mit Elektroantrieb zurückgelegt werden. Eine starke Differenz zur Darstellung des Verkehrsministers. 

„Eine Prognose ersetzt keine Politik“

Wissings Prognose zufolge soll der Güterverkehr bis 2051 um mehr als die Hälfte wachsen. Allerdings sieht der Verkehrsminister das Wachstum vor allem im Straßenverkehr. Zwar erwartet das Verkehrsministerium, dass auch der Güterverkehr auf der Schiene zulegen wird, allerdings nur um 33 Prozent und damit deutlich weniger als auf der Straße.

Was die Güterbahner aber vor allem stören dürfte: Die Regierung wird der Prognose zufolge ihr eigenes Ziel verfehlen, bis 2030 ein Viertel des gesamten Güterverkehrs auf die Schiene zu bringen. Derzeit sind es nur knapp 18 Prozent – und laut Prognose soll der Anteil sogar sinken. NEE-Geschäftsführer Peter Westenberger kritisierte diese Einschätzung scharf. „Eine Prognose ersetzt keine Politik“, sagte er. Die Politik müsse gegensteuern.

Nicht die erste Kritik an Wissings Plänen

Im Allgemeinen scheint Wissing sich davon verabschiedet zu haben, den Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern, um klimafreundlich zu transportieren. Stattdessen träumt der Verkehrsminister davon, dass der gesamte Straßenverkehr bis 2045 mit klimafreundlichen Antrieben fahren werde.

Wissing war auch hier bereits stark kritisiert worden, weil er den Einsatz von sogenannten E-Fuels beim Antrieb von Lkw und Pkw fördern will. E-Fuels sind nach wissenschaftlichen Untersuchungen aber nicht für einen großflächigen Einsatz dafür geeignet – zu groß ist der Energieaufwand bei ihrer Herstellung, zu gering der Wirkungsgrad. Auch die Umweltbilanz der E-Fuels sei problematisch – schließlich entstehen wie bei der Verbrennung vom klassischen Benzin auch hier NOx, Kohlenmonoxid und Feinstaub.

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Geschrieben von Michael Pohlgeers