Zwischen Verdi-Protesten und Aktionärs-Kritik versuchte der Post-Vorstand gestern auf der Hauptversammlung ein rosiges Bild des Konzerns zu malen. Das ging nicht wirklich auf.

Smileys frohes und trauriges Gesicht
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Die Deutsche Post DHL Group lud gestern zur Hauptversammlung 2019 ein. Doch noch bevor einer der Vorstände überhaupt das Wort ergreifen konnte, wurden die Besucher bereits vor dem Gebäude von Verdi abgefangen. Die Gewerkschaft verteilte Handzettel in denen es um das Outsourcing ging. Zwar begrüßte Verdi die Einigung mit der Deutschen Post, dass die Tochtergesellschaft DHL Delivery in den Konzern zurückgeführt werde und dementsprechend auch die Verträge angepasst werden (wir berichteten). Allerdings, so die Gewerkschaft in dem Schreiben welches der Redaktion vorliegt, sei davor gewarnt „in der Maßnahme ein generelles Umdenken im Konzern in Bezug auf Outsourcing-Tendenzen zu sehen“. Verdi fordert eine Abkehr des Einsatzes von Subunternehmen und eine „Bearbeitung in Eigenleistung“.

Das sich Verdi gerne solche „Bühnen“ für die Umsetzung ihrer Anliegen sucht – man bedenke nur die Streiks bei Amazon im Weihnachts- oder Ostergeschäft – ist bekannt. Die Deutsche Post DHL hätte sich wohl aber einen besseren Start in die Hauptversammlung gewünscht.

Zusteller zeichnen ein deutlich drastischeres Bild

Als Vorstandsvorsitzender Frank Appel das Wort ergriff, setzte er natürlich alles daran, die anwesenden Aktionäre davon zu überzeugen, dass nicht alles so schlecht ist, wie es die Medien in den letzten Monaten oft dargestellt haben. Nach dem „schwierigen Jahr 2018“ sei man jetzt wieder voller Zuversicht, die gesteckten Unternehmensziele in den kommenden zwei Jahren zu erreichen, der Fokus werden nun auch wieder verstärkt auf das schwächelnde Paketgeschäft gelegt.

Auch das Sendungswachstum von 7,5 Prozent legt Appel als Erfolg aus, eine Tatsache, welche die hiesigen Zusteller allerdings etwas anders sehen dürften. Einige Vertreter malten in der anschließenden Podiumsdiskussion nämlich ein komplett anderes Bild, als es Appel in seiner Rede noch vermitteln wollte. Es wurde von „steigenden Paketmengen“ und gleichzeitiger „Erweiterung des Zustellgebietes“ gesprochen. Die Realität der Paketzusteller scheint deutlich anders auszusehen als die Schönmalerei des Konzernvorstandes.

Viel Gerede und nichts gesagt

Die Kritik kam von vielen Seiten: Nicht nur Zusteller meldeten sich zu Wort, um über ihren Arbeitsalltag zu berichten und forderten Antworten des Unternehmens, auch Klimaschützer und ein Vertreter der Bewegung „Fridays for Future“ prangerten die Klimastrategie der Deutschen Post DHL an. Es werde zu wenig gemacht, die gesteckten Ziele, alle logistikbezogenen Emissionen bis zum Jahr 2050 auf null zu reduzieren, könne mit der jetzigen Herangehensweise niemals erreicht werden.

All diese Kritikpunkte hörte sich der Vorstand „im Pulk“ an, um diese dann zusammen zu beantworten. Wobei „beantworten“ hier ein übertriebenes Wort ist, denn zwar wurde viel geredet, konkrete Aussagen gab es allerdings kaum welche. Mit seichten Worten versuchten Appel und Co. auf die Fragesteller einzugehen, ob diese mit den gegebenen Aussagen wirklich zufrieden waren, so meine persönliche Meinung, wage ich zu bezweifeln. Letztendlich ging ich als Besucher grübelnd aus dieser Hauptversammlung und hoffe sehr, dass sich die Deutsche Post den Worten und Kritikpunkten des „kleinen Mannes“ auch wirklich annimmt und die aktuellen Zustände der Mitarbeiter, und speziell der Zusteller, nicht nur durch die „Vorstandsbrille“ betrachtet.

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Geschrieben von Corinna Flemming