Ein ehemaliger Kurierfahrer von DPD ist bereits im vergangenen Jahr an den Folgen seiner Diabetes gestorben. Jetzt erhebt die Witwe schwere Vorwürfe gegen den Paketdienst, der hohe Geldstrafen für wahrgenommene Arzttermine auferlegt haben soll. Update: Stellungnahme der DPD.

Gradstein RIP
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Immer wieder hört man in den Medien von Geschichten, dass sich Menschen im asiatischen Raum zu Tode gearbeitet haben. Ein ähnlicher Fall wurde jetzt im englischen Dorset bekannt. Dort soll sich der ehemalige DPD-Fahrer Don Lane nicht getraut haben, seine Arbeit kurzzeitig zu verlassen, um Arzttermine wegen seiner Diabetes wahrzunehmen. Dies musste der 53-Jährige mit dem Leben bezahlen. Jetzt erhebt seine Witwe schwere Vorwürfe gegen die DPD, die ihren Mann dazu gedrängt haben soll, sämtlich Arzttermine zu ignorieren.

Lane arbeitete als freier Angestellter für die DPD und erhielt kein festes Gehalt, sondern wurde nach ausgeliefertem Paket bezahlt. Etwaige Krankheitstage wurden dem Engländer also nicht nur nicht vergütet, sondern zusätzlich bestraft.

Geldbußen für Krankheitstage

Lane starb bereits im Januar letzten Jahren an den Folgen eines diabetischen Schocks, doch erst jetzt wurde seine Geschichte öffentlich. Wie seine Witwe Ruth Lane dem Guardian erzählt, sei er bereits vorher zwei Mal während seiner Arbeit zusammengebrochen, einmal sogar in einen diabetischen Schock gefallen. Nachdem er nach diesem Vorfall doch einen Arzt aufsuchte, erlegte im die DPD eine Geldstrafe von 150 Pfund (rund 170 Euro) auf, da er seine Paketrunde nicht ausführen konnte. Bereits damals soll er seiner Frau gestanden haben, er glaube, bald zu sterben.

Aus Angst vor noch mehr Strafen absolvierte Don Lane das anstrengende Weihnachtsgeschäft 2016, ohne auf die Warnsignale seines Körpers zu hören. Am 04. Januar 2017 starb er im Krankenhaus in Bournemouth.

DPD gesteht Fehler ein

Der Paketdienst selber hat sich bereits zu Wort gemeldet und gesteht erste Fehler ein. In einem Statement heißt es, dass man es "zutiefst bedauere" seinem Mitarbeiter die Strafe auferlegt zu haben. Als Grund gibt die DPD ein "Durcheinander" zum betreffenden Zeitpunkt an. "Don ist zu seinem Arzttermin gegangen, aber es ist nicht klar, warum er ausgerechnet dafür eine Geldstrafe erhalten hat, wenn das bei anderen Fällen nicht so gewesen ist", heißt es in der Mitteilung. "Wir haben in diesem Fall einen Fehler gemacht." Dennoch verteidigt sich die DPD damit, dass man nicht genug über den kritischen Gesundheitszustand von Don Lane gewusst habe und er eine recht ruhige Route mit wenig Paketen zu erledigen hatte.

Inzwischen beschäftigt sich auch die Politik mit dem Thema. So haben sich einige Gewerkschaften bereits direkt an Theresa May gewandt, um bessere Bedingungen für Freelancer wie Don Lane zu erzielen.


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Update: Stellungnahme DPD Deutschland

Nach Veröffentlichung des Artikels erreichte uns eine ausführliche Stellungnahme der DPD Deutschland, die wir an dieser Stelle unverändert und in voller Länge veröffentlichen möchten:

In dem Artikel „Zu Tode gearbeitet: DPD-Fahrer stirbt an Diabetes“ hat Logistik Watchblog online zahlreiche Berichte in britischen Medien aufgegriffen. Darin wird von der Krankheit des britischen Paketzustellers Donald Lane berichtet, an der er im Januar verstorben ist.

Wir bei DPD Deutschland sind tief betroffen vom Tod des Zustellers, der fast zwanzig Jahre lang für DPD UK im Einsatz war. Unsere Gedanken sind nicht nur bei seiner Familie, sondern auch bei den Freunden und Kollegen von Donald Lane.
Gleichzeitig legen wir Wert auf die Feststellung, dass die Paketzustellung bei DPD Deutschland nicht in gleicher Weise organisiert ist wie bei DPD UK:

  • DPD UK ist ebenso wie DPD Deutschland ein eigenständiges Unternehmen. Beide Unternehmen gehören zur DPDgroup und arbeiten eng zusammen. Dennoch erfolgt die Unternehmensführung jeweils in eigener Verantwortung. So war Donald Lane war als selbständiger Unternehmer als Zusteller für DPD UK tätig. Eine vergleichbare Konstruktion gibt es bei DPD Deutschland nicht: DPD arbeitet in Deutschland zwar mit selbständigen Unternehmen zusammen, den sogenannten Systempartnern. Dabei handelt es sich jedoch um eigenständige Unternehmen, bei denen die Zusteller im Rahmen eines festen Angestelltenverhältnisses beschäftigt sind. DPD arbeitet aktuell mit rund 1.000 Systempartnern zusammen, bei denen 10.000 Zusteller angestellt sind. Krankheitsausfälle können in dieser Konstellation organisatorisch gut aufgefangen werden. Vergleichbare Vertragsstrafen bei solch einer begründeten und angekündigten Abwesenheit gibt es in Deutschland nicht.

  • Für die Zusteller in Deutschland gelten selbstverständlich alle deutschen Arbeitnehmerrechte in vollem Umfang: Krankschreibungen und Atteste wegen ärztlicher Untersuchungen werden selbstverständlich akzeptiert und in keiner Weise sanktioniert. 

Zu den schweren Vorwürfen, die in den Presseberichten gegen DPD erhoben werden, nimmt DPD UK wie folgt Stellung:

  • Mit unseren Kollegen von DPD UK stehen wir eng in Kontakt. Die Mitarbeiter und Partner von DPD UK sind tief bestürzt über den Tod ihres langjährigen Kollegen. Eine Mitschuld an seinem Tod weist DPD UK jedoch zurück.

  • DPD UK hat mit Donald Lane zu verschiedenen Gelegenheiten über seine Krankheit gesprochen. In Reaktion auf eine krankheitsbedingte Unterbrechung seiner Tätigkeit hat DPD UK sich mit ihm auf die Übernahme einer Zustelltour geeinigt, die mit geringerem Aufwand zu bewältigen ist und mit Arztterminen gut vereinbar ist.

  • In der Vergangenheit kam es mehrfach zu krankheitsbedingten Abwesenheiten und Arztbesuchen, was jeweils keinerlei Sanktionen nach sich gezogen hatte. Einmalig kam es im Juli 2017 jedoch zu einer Strafzahlung, was DPD UK sehr bedauert. Den Grund dafür konnte DPD UK noch nicht aufklären, zumal bei ähnlichen Vorgängen zuvor eine andere Praxis gelebt wurde. Weitere Vertragsstrafen wurden Donald Lane nicht angedroht. Kann ein selbständiger Zusteller von DPD UK seinen vertraglichen Pflichten in einem bestimmten Zeitraum nicht nachkommen, hat er für diese Zeit für einen Ersatz zu sorgen. Geschieht dies nicht, so ist DPD UK zu einer Vertragsstrafe berechtigt. In der Regel lassen sich solche Ausfälle jedoch auf andere Weise abfangen. Eine Vertragsstrafe nutzt DPD UK als letztes Mittel nur in 4,6 Prozent aller Fälle, in denen das Unternehmen dazu berechtigt wäre.

  • Das volle Ausmaß der Krankheit von Donald Lane sowie die rapide Verschlechterung seines Gesundheitszustands war bei DPD UK nicht bekannt. Die Nachricht von seinem Tod hat die Kollegen in Großbritannien gleichermaßen überrascht wie erschüttert.

 

Der Artikel wurde nachträglich um die Stellungnahme der DPD ergänzt.

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Geschrieben von Corinna Flemming