Für gute Qualität und Wertarbeit zahlen Kunden gerne ein bisschen mehr. Im Falle von Volkswagen wurden sie jedoch enttäuscht. Durch das Auffliegen von Softwaremanipulationen hatte VW letztes Jahr einen großen Imageverlust erlitten. Auch Kunden werden vermehrt auf den Automobilhersteller zukommen. Mit den folgenden Ansprüchen verärgerter Kunden muss VW künftig rechnen.

VW-Abgasskandal
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Kunden können Mängelrechte geltend machen

Auch VW sollte bekannt sein, dass der Konzern als (Direkt-)Verkäufer einer Ware per Gesetz verpflichtet ist, zwei Jahre dafür einzustehen, wenn dem Kunden defekte Ware verkauft wird. Gleiches gilt für die Autohäuser, die Fahrzeuge an Kunden verkauft haben. Ähnlich verhält es sich mit einer Zusage zu bestimmten Abgaswerten. Werden die versprochenen Werte überschritten, liegt ein Mangel vor, der den Kunden zu weiteren Schritten berechtigt. Dies gilt sowohl für einen direkten Kauf beim Hersteller, als auch beim Erwerb über einen Dritten (z.B. Vertrags-Autohaus).

Neulieferung oder Nachrüstung?

Ist eine Kaufsache mangelbehaftet, kann der Käufer von seinem sog. Gewährleistungsrecht Gebrauch machen. Der Käufer hat im Falle eines VW-Kaufs die Wahl, ob er die sog. „Nacherfüllung“ in Form der Mangelbeseitigung (z.B. im Wege der Reparatur bzw. Nachrüstung) oder die Neulieferung eines Wagens verlangen will, der die zugesicherten Abgaswerte erfüllt.

Viele Käufer werden aus der Not eine Tugend machen und auf die Neulieferung eines brandneuen Wagens verlangen, weil diese für sie vorteilhafter ist. Mit der Wahl des Käufers muss sich VW jedoch nicht in jedem Fall abfinden. VW hat die Möglichkeit, die Wahl des Kunden zu verweigern, wenn diese gegenüber der anderen Möglichkeit unverhältnismäßige Kosten verursacht. Dabei ist die Schätzung der voraussichtlichen Kosten im Verhältnis des objektiven Werts der Kaufsache in mangelfreiem Zustand (nicht zum Kaufpreis) maßgeblich.

VW bietet nach unserem Kenntnisstand eine Nachrüstung an. Diese angebotene Nachbesserung dauere nur ca. eine halbe Stunde und koste pro Fahrzeug weniger als einhundert Euro. VW darf daher auf die Möglichkeit, die entsprechenden Fahrzeuge nachzurüsten, verweisen. Diese Möglichkeit hat VW nun auch ergriffen, indem eine umfassende Rückrufaktion gestartet wird.

Kein Rücktritt vom Autokauf?

Die Nacherfüllung (also Reparatur oder Neulieferung, s.o.) ist grundsätzlich vorrangig vor anderen Rechten im Gewährleistungsrecht (z.B. Minderung des Kaufpreises). Dies resultiert daraus, dass ein Vertrag geschlossen wurde. Der Verkäufer soll die Chance haben, seinen Teil des Vertrages – nämlich Lieferung einer mangelfreien Sache – noch zu erfüllen.

Einige Experten raten betroffenen Kunden dennoch zu einem Rücktritt vom Kaufvertrag. Das Recht auf Rücktritt besteht jedoch nur unter besonderen Voraussetzungen. Der Kunde kann also nicht ohne weiteres den Kaufpreis zurück verlangen und vom Vertrag zurücktreten. Käufer müssen zum einen darauf warten, dass die von ihnen gesetzte angemessene Frist zur Nacherfüllung ergebnislos verstrichen ist. Außerdem muss ein Rücktritt erklärt werden.

Es kann aber auch zu einem Ausschluss des Rücktritts kommen, wenn der Mangel nur unerheblich ist. Die falschen Versprechungen durch die Softwaremanipulation sollen keinen Rücktritt vom Kaufvertrag rechtfertigen, weil der Mangel „nicht erheblich“ sei. Das hat kürzlich das Landgericht Bochum in der mündlichen Gerichtsverhandlung zwischen einem betroffenen Käufer und VW geäußert. Das Gericht verwies den Käufer auf die schnell und kostengünstig durchzuführende Nachbesserung. In diesem Fall ist das letzte Wort jedoch noch nicht gesprochen.

Betroffene, deren Gewährleistungsansprüche von zwei Jahren bereits verjährt sind, haben noch eine weitere Chance. Sie können sich auf eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung berufen. Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

VW-Rückrufaktion

Hersteller müssen alles in ihrer Macht stehende unternehmen, um Kunden ein sicheres Produkt zu liefern. Ist dies einmal misslungen – müssen sie alles tun, um den Schaden zu begrenzen und die Artikel wieder zurückzurufen. Nun besteht bei VW keine Gefahr für Leib oder Leben. Dennoch ist die Rückrufaktion ein direktes Angebot von VW an die Behebung des Schadens. Teilnehmen müssen betroffene Käufer an einer Rückrufaktion nicht. Sie können sich auch auf dem regulären Weg an ihren Vertragspartner wenden (z.B. Autohaus).

/ Geschrieben von Yvonne Bachmann




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