Der Bundesrat fordert die Bundesregierung dazu auf, Beschäftigte in der KEP-Branche besser zu schützen. Dazu soll die Möglichkeit der Vereinbarung von Werkverträgen deutlich eingeschränkt werden.

Geschäftsmann, der Vertrag überreicht
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Werkverträge sollen nach dem Willen der Bundesländer bei der Zustellung von Paketen künftig grundsätzlich verboten sein. Das geht aus einer Entschließung des Bundesrates vom letzten Freitag, 12. Mai 2023, hervor, die auf einer Initiative von Bremen, Niedersachsen, dem Saarland und Thüringen beruht. Viele Paketzusteller seien nicht direkt bei den Paketdienstleistern beschäftigt, sondern bei Subunternehmern. Hier bestünden in aller Regel keine Tarifverträge und Betriebsräte seien ebenfalls eher eine Seltenheit.

Als Grund für die zahlreichen Verstöße gegen Arbeitnehmerrechte bei solchen Subunternehmen verweist der Bundesrat in seiner Entschließung auf die rasante Zunahme von Paketsendungen und den hohen Wettbewerbsdruck unter Paketdienstleistern. Die Entschließung wurde der Bundesregierung zugeleitet. Wann diese sich mit dem Anliegen befasst, entscheidet sie allerdings selbst.

Vorbild Fleischwirtschaft: Bundesrat regt Verbot von Werkverträgen mit Subunternehmen an

2021 wurden pro Haushalt im Schnitt 111 Pakete ausgeliefert, berichtet der Bundesrat in seinem Papier. Verantwortlich dafür sei insbesondere der Online-Handel, der in den letzten zehn Jahren kräftig zugelegt habe und gerade auch durch die Corona-Pandemie noch einmal deutlich befeuert worden sei. Wo kostenfreie Retouren und großzügige Rückgabefristen das Paketaufkommen zusätzlich befördern würden, bestehe unter der Vielzahl von Paketdienstleistern ein hoher Wettbewerbsdruck. Zu dem Sendungsvolumen an sich stoße auch die Kundennachfrage nach flexiblen und individualisierten Zustellkonzepten, etwa der Zeitfensterzustellung. Um die Zustellung zu optimieren, würden dabei besonders auf der letzten Meile zunehmend digitale Steuerung und Überwachung eingesetzt, einhergehend mit Arbeitsverdichtung und Leistungsdruck bei den Zustellern. Teils bestünden Leistungsvorgaben von 250 bis 270 Paketen je Arbeitstag.

Kern der Entschließung ist die Bitte an die Bundesregierung, einen Gesetzentwurf zur Änderung des sogenannten Paketboten-Schutz-Gesetzes vorzulegen, das bislang die Einführung einer Nachunternehmerhaftung in der KEP-Branche bezweckt. Hier will man sich ein Vorbild an der Lage in der Fleischwirtschaft nehmen und auch für die Zustellung von Paketen ein Verbot von Werkverträgen umsetzen. Gelten soll das allerdings nicht schrankenlos: Die Bundesregierung wird in der Entschließung ebenfalls zur Prüfung aufgefordert, ob der Abschluss von Werkverträgen dann weiterhin zulässig sein kann, wenn ausschließlich sozialversicherungspflichtig Beschäftigte zu tariflichen Entgeltbedingungen eingesetzt werden.

 

Kein Mindestlohn und Scheinselbstständigkeit 

Häufig seien die Zusteller nicht direkt bei den Paketdienstleistern beschäftigt, sondern bei deren Subunternehmern, stellt der Bundesrat in seinem Papier fest. Teils erfolge die Auslieferung entlang ganzer Subunternehmerketten, einige Versandhändler würden die Zustellung von Paketen über Werkverträge vollständig auf Subunternehmen auslagern – mit nachteiligen Auswirkungen auf die Arbeits- und Entgeltbedingungen der Zusteller. Nach Erkenntnissen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit und von Beratungsstellen für Arbeitnehmerrechte gebe es in vielen Fällen Verstöße gegen den gesetzlichen Mindestlohn und entsprechende Aufzeichnungspflichten, auch Scheinselbstständigkeit und unzureichende Umsetzungen in Sachen des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes würden regelmäßig aufgedeckt werden. In vielen Fällen würden Rechtsverstöße hier auch dadurch begünstigt werden, dass die Arbeit von Zustellern durch Drittstaatenangehörige mit unsicherem Aufenthaltsstatus, ohne anerkannte Ausbildung und mit geringen Deutschkenntnissen ausgeübt werde.

Bruttogehälter von Paketzusteller von 2010 bis 2020 nur um 1,5 Prozent gestiegen

Deutschlandweit gibt es knapp 360.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in der KEP-Branche, knapp 80 Prozent arbeiten in Kleinbetrieben mit weniger als zehn Mitarbeitenden. Nach Auffassung des Bundesrates habe das auch Folgen für die Entgelte – die Bruttogehälter von Paketlieferanten seien nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in den Jahren 2010 bis 2020 um nur 1,5 Prozent gestiegen.
Diese Beschäftigten stärker vor arbeits- und sozialrechtswidrigem Verhalten von Arbeitgebern zu schützen, ist nach Auffassung der Bundesländer auch deshalb angezeigt, da das 2019 eingeführte Paketboten-Schutz-Gesetz bislang nicht zu mehr direkter Beschäftigung oder einem Rückgang von Werkverträgen geführt habe. Ein grundsätzliches Verbot solcher Vertragsarten würde dabei die Verantwortung der Einhaltung von Gesetzen eindeutig den großen Dienstleistern zuweisen, heißt es abschließend.

Die Entschließung wurde der Bundesregierung bereits zugeleitet. Es bestehen jedoch keine festen Fristen dazu, wann sie sich mit dem Anliegen auseinandersetzen muss.

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Geschrieben von Melvin Louis Dreyer