Einige Länder der EU empfinden das EU-Mobilitätspaket als diskriminierend und nicht rechtens. Daher klagen sie nun. 

Llw auf Straße im Sonnenuntergang
Milos Muller / Shutterstock.com

Als das Mobilitätspaket I im Juli 2020 verabschiedet wurde, hatte die EU ein wichtiges Ziel im Sinn: Der Straßentransportsektor sollte sicherer, effizienter und sozial verantwortlicher werden. Um das zu gewährleisten wurden einige Regularien festgesetzt: So besagt die Rückkehrpflicht, dass Fahrzeuge spätestens acht Wochen nach Verlassen des Landes zu einer Betriebsstätte des Unternehmens im Startland zurückkehren müssen. Außerdem ist nach der Durchführung einer Kabotagebeförderung eine vier-tägige Abkühlphase einzuhalten. Für die grenzüberschreitende Beförderung mit Fahrzeugen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 2,5 Tonnen ist außerdem eine sogenannte Gemeinschaftslizenz notwendig. 

Hinzu kommen noch Sozialvorschriften, die beispielsweise besagen, dass die reguläre Wochenruhezeit nicht mehr im Fahrzeug verbracht werden darf. Stattdessen müssen Fahrer und Fahrerinnen eine Unterkunft mit angemessener Schlafgelegenheit aufsuchen. Die Kosten sind von den arbeitgebenden Unternehmen zu tragen. Die Unternehmen müssen außerdem gewährleisten, dass die Beschäftigten ihre Wochenruhezeit auch an ihrem Wohnsitz oder in einem Staat mit Niederlassung verbringen dürfen.

Gegen einen Großteil dieser Regelungen haben bereits im Oktober 2020 die Mitgliedstaaten Litauen, Bulgarien, Rumänien, Zypern, Malta, Ungarn und Polen insgesamt 14 Klagen eingereicht, über die nun verhandelt wird. 

Diskriminierend und nicht rechtens

Die Klagen richten sich gegen die als zu starr empfundenen Regelungen. Es werden die Rückkehrregelungen und die neuen Kabotageregeln angegriffen. Weitere Klagepunkte sind außerdem das Verbot, die Ruhezeit im Lkw verbringen zu dürfen, die Mindestanforderungen an Niederlassungen im Ausland und die Kontrollmöglichkeiten über den Tachographen.

Litauen moniert, dass bereits vor vier Jahren laut der EU-Kommission 100.000 sicherer Lkw-Parkplätze in der EU gefehlt hätten. Diese Lage hätte sich kaum spürbar verbessert. Die Rückkehrpflicht ins Heimatland greife außerdem in das Recht der Fahrer auf Ruhezeit ein. „Das Recht sollte ein Recht und keine Pflicht sein“, wird der Anwalt Litauens hierzu von der Verkehrsrundschau zitiert.

Bulgarien: Benachteiligung von Randstaaten

Die Anwältin von Bulgarien geht noch einen Schritt weiter und spricht von einer „traurigen Angelegenheit“. Sie wirft der EU vor, dass die neuen Vorschriften vor allem dazu dienen würden, die Staaten im Zentrum zu stärken und jene in Randlage zu schwächen.

Parlament und Rat halten dagegen

Das EU-Parlament und der Rat argumentieren gegen die Vorwürfe. Schon fast salopp wird auf den Vorwurf der gezielten Schwächung von Staaten in Randlagen entgegnet: „Wo sind denn dann die Klagen aus Irland oder Finnland?“ Es gäbe kein objektives Kriterium, welches diesen Vorwurf stütze, sondern „nur Geschäftsmodelle“. Eines dieser Geschäftsmodelle sei es, sich auf Niedriglöhne in einigen Teilen der EU zu verlassen. 

Als nächstes wird der EU-Generalanwalt seine Rechtsansichten vortragen. Danach wird ein Urteil gefällt. Bis dahin können allerdings noch einige Monate ins Land gehen. 

/
Geschrieben von Sandra May