Fehlen mehrere Schaublätter aus einem Fahrtenschreiber, stellt dies einen einheitlichen Verstoß dar, gegen den nur eine einzige Sanktion verhängt werden kann. 

Polizei kontrolliert LKW
Hadrian / Shutterstock.com

Italienische Behörden stellten bei zwei Verkehrskontrollen im Jahr 2013 bei den jeweiligen Kraftfahrern fest, dass diese für den laufenden Tag und den vorangegangenen Zeitraum nicht in der Lage waren, die Schaublätter der Fahrtenschreiber vollständig vorzulegen. Infolgedessen wurden mehrere verwaltungsrechtliche Sanktionen wegen mehrerer Verstöße verhängt. Gegen diese Sanktionen erhoben die beiden Kraftfahrer Klage. Mit der Frage, ob jeweils ein einheitlicher Verstoß oder mehrere Verstöße vorliegen und entsprechend eine Sanktion oder Sanktionen in der Zahl der gesonderten Verstöße zu verhängen seien, wandte sich das zuständige italienische Gericht an den EuGH (Urteil v. 24.02.2021, verb. Rs. C-870/19 und C-871/19).

Nach der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 müssen Kraftfahrer in der Lage sein, die Fahrtenschreiber-Schaublätter für den aktuellen Tag sowie die vorangegangenen 28 Tage vorzulegen. Kontrolliert wird damit die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten. Fehlt eines dieser Schaublätter, ist die Lage klar: Ein Verstoß liegt vor. Worum es vor dem EuGH nun ging, war aber eben der Fall, dass gleich mehrere der Schaublätter durch den jeweiligen Fahrer nicht präsentiert werden konnten. Hier kommen praktisch zwei Lösungen in Betracht: Die Wertung als einheitlicher Verstoß oder aber das Vorliegen mehrerer gesonderter Verstöße, die dann wiederum je Fahrer auch mehrere Sanktionen nach sich ziehen.

Zahl fehlender Schaublätter wirkt sich dennoch auf Sanktion aus

Nach Auffassung des EuGH dürfen die nationalen Behörden in diesem Fall nur einen Verstoß durch den Fahrer feststellen und insofern auch lediglich eine einzige Sanktion verhängen. Die Regelung der EU-Verordnung bezwecke die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Fahrern von Lastkraftwagen und Bussen sowie der allgemeinen Straßenverkehrssicherheit, daneben ziele sie aber auch auf die Festlegung einheitlicher Vorschriften zu Lenk- und Ruhezeiten ab. Diese Vorschriften müsse grundsätzlich jeder Mitgliedstaat der EU beachten. Das Unionsrecht würde eine einheitliche Verpflichtung festlegen, die sich auf den Gesamtzeitraum von 29 Tagen erstreckt – eine Verletzung dieser Pflicht stelle einen einheitlichen und einmaligen Verstoß dar. Dieser bestehe darin, dass der Fahrer nicht alle 29 Schaublätter vorlegen kann.

Zwar droht dem Fahrer dadurch nur eine einzige Sanktion. Allerdings teilt der EuGH auch mit, dass mit steigender Anzahl der Schaublätter, die der Fahrer nicht vorlegen kann, auch die Schwere des Verstoßes steige. Dabei müssten die Sanktionen, welche die Mitgliedstaaten verhängen, auch im Verhältnis dieser Schwere stehen und hoch genug sein, um wirklich abschreckend zu wirken. Da die Sanktion also an die Schwere angepasst wird, kann sich die Zahl der nicht vorgelegten Schaublätter durchaus auf die Strafe auswirken.

/
Geschrieben von Melvin Louis Dreyer




Kommentar schreiben

Sicherheitscode
Captcha aktualisieren