Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hatte über den Fall zu entscheiden, dass ein bestreikter Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern eine Prämie versprach, um sie damit vom Streik abzuhalten. Ein Arbeitnehmer, der sein Streikrecht wahrnahm, sah sich gegenüber den Arbeitenden benachteiligt und verklagte den Arbeitgeber.

Streikteilnehmer
© Ververidis Vasilis / Stockphoto.com

Der betroffene Betrieb wurde in den Jahren 2015 und 2016 an mehreren Tagen bestreikt. Der Arbeitgeber, der der betriebliche Ablaufstörungen befürchtete, wählte ein probates Mittel und versprach den zum Streik aufgerufenen Beschäftigten Prämien in dreistelliger Höhe pro Tag, sofern sie ihrer Arbeit regulär weiter nachgehen würden. Ein vollzeitbeschäftigter Mitarbeiter folgte dem Streikaufruf und legte die Arbeit an mehreren Tagen nieder. Im Anschluss klagte er auf Zahlung der Prämien in Höhe von 1.200 Euro.

Streikbruchprämie ist zulässiges „Kampfmittel“

Vor Gericht (AZ.: 1 AZR 287/17) stützte er sich dabei auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Demnach darf ein Arbeitgeber einzelne Beschäftigte nicht willkürlich oder „aus Sachfremden Erwägungen heraus“ gegenüber anderen Arbeitnehmern in einer vergleichbaren Lage benachteiligen. Eine derartige Ungleichbehandlung lag seiner Ansicht nach mit dem Verhalten des Arbeitgebers vor. Dies hätte nach dem geltenden Arbeitsrecht dazu führen können, dass die Prämien tatsächlich auch den streikenden Arbeitnehmern hätte zustehen können.

Das Bundesarbeitsgericht beurteilte die Sache aber anders als der Kläger: Wenn der Arbeitgeber verspreche, im Falle eines Streiks eine Prämie für alle arbeitswilligen Arbeitnehmer auszuzahlen, stelle das zwar eine Ungleichbehandlung zwischen streikenden und nicht streikenden Beschäftigten dar. Allerdings sei diese aus arbeitskampfrechtlichen Gründen gerechtfertigt.

Auch Streikende können Anspruch auf Prämie haben

In der Wahl des „Kampfmittels“ sind beide Parteien eines Arbeitskampfes frei. Der eigentliche Streik ist nur eine Form von Druckausübung zur Aushandlung von Arbeitsbedingungen. Nach Ansicht der Richter in Erfurt sei aber eben auch die Zusage von Prämienzahlungen ein zulässiges und verhältnismäßiges Mittel, mit dem der Arbeitgeber betriebliche Ablaufstörungen verhindern und den Streik-Druck senken könne. Die Prämie war damit für den klagenden Arbeitnehmer vom Tisch.
Teilweise kommen in vergleichbaren Fällen streikende Mitarbeiter aber trotzdem an solche Prämienzahlungen, sofern es zur Aushandlung eines Tarifvertrags kommt. Dieser kann eine entsprechende Regelung nämlich durchaus vorsehen.

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Geschrieben von Melvin Louis Dreyer




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