Anfang dieses Jahres wurde bekannt, dass die Deutsche Post DHL (DPDHL) das Versandprodukt Warenpost International umstellt. Die Neuerungen fallen aus Sicht vieler Händler zu ihren Ungunsten aus.

Deutsche Post Schriftzug an Postgebäude
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Spätestens ab dem 1. Juli  2022 gelten neue Regelungen für die bis dato zur Deutschen Post gehörenden Versandoptionen Warenpost International. Mit der Begründung, dass Händler und andere Geschäftskunden den Versandservice so einfacher beauftragen könnten, hat die Deutsche Post DHL diesen in das DHL-Geschäftskundenportal verlagert, in dem bereits nationale Warenpostsendungen abgewickelt werden können. „Die Anpassungen bei der Warenpost International greifen die Wünsche unserer Versenderkunden auf, die in der überwiegenden Anzahl alle warentragenden nationalen und internationalen Produkte von Deutsche Post DHL über einheitliche Prozesse versenden und einliefern möchten. Mit der neuen Warenpost International setzen wir den Weg, den wir mit der Warenpost national begonnen haben, konsequent fort und reduzieren Komplexität durch eine Angleichung der Rahmenbedingungen“, erläutert ein Sprecher der Deutschen Post DHL zu den Gründen. Eben dazu habe man auch bereits von vielen der Kunden sehr positives Feedback erhalten.

Dennoch haben sich mit der Umstellung auch einige Versandkonditionen verändert, die nicht wenige Händler als nachteilig beurteilen – das gilt etwa für kleinere Firmen. Wir haben die Händlerkritik zusammengetragen und die Deutsche Post DHL um Feedback zu wesentlichen Probleme und Fragestellungen in diesem Zusammenhang gebeten. 

Schallplattenhändler ziehen den Kürzeren

In Reaktion auf unsere Berichterstattung meldeten sich insbesondere viele Händler, die kleinere, leichtgewichtige Produkte mit spezielleren Abmessungen versenden – dazu zählen beispielsweise Schallplatten. „Gerade der Versand von Schallplatten mit einer Kantenlänge von 32x32 cm wird nun durch angekündigte Änderung der Höchstmaße – Länge 35,3 cm, Breite 25,0 cm, Höhe 10,0 cm – bei der Warenpost international nicht mehr möglich sein. Bisher galt ein Gesamtmaß von max. 90 cm (L x B x H). Dieses hatte das Verschicken von flexibleren Größen mit kalkulierbaren Versandkosten für die Kunden ermöglicht“, berichtet Händler Andreas Neumann. Sein Unternehmen ist seit den frühen 90er Jahren im Musikvertrieb und als Plattenlabel aktiv, über seine Portale Punk-shop.com und Racker-n-roll.de verkauft er Tonträger und rockige Underground-Mode, letztere auch für Kinder und Babys. Versendet werden die Waren zwar hauptsächlich nach Deutschland und in die EU – aber eben auch weltweit: „Der internationale Versand, gerade mit kleinen Mengen oder Einzelbestellungen konnte bisher mit verträglichen Kosten für die Bestellkunden aus aller Welt angeboten werden“, führt er aus.

Bis jetzt konnte er Schallplatten mit einem Maximalgewicht von 500 g innerhalb der EU für genau 4,40 Euro brutto und weltweit für 5,00 Euro versenden. Mit Sendungsverfolgung und Verlusthaftung (bis 20 Euro) lag der Bruttopreis bei 7,20 Euro innerhalb der EU bzw. bei 7,35 Euro weltweit. Ab dem 1. Juli ist der Versand einer LP für Geschäftskunden nur noch mit dem Produkt DHL Paket International „mit einem komplizierten System von 6 weltweiten Versandzonen mit unterschiedlichsten Gewichtspreisstufen möglich, die dem internationalen Kunden kaum übersichtlich angezeigt werden können“, erklärt Neumann. Eine einzelne Platte könne zwar versichert und mit Sendungsverfolgung verschickt werden, doch selbst innerhalb der EU sei das bereits wesentlich teurer geworden, zudem gebe es uneinheitliche Preise: Der Versand nach Österreich kostet 14,40 Euro, nach Griechenland 15,25 Euro –  das sei „eine Steigerung von mehr als 100 Prozent zu den vorherigen Preisen“, kritisiert der Musikhändler. Mit Blick auf den internationalen Versand sei es gar eine Erhöhung von über 700 Prozent: Für den Plattenversand in die USA und nach Asien werden künftig 39,00 Euro fällig, nach Südamerika sind es stolze 52,00 Euro. „Das nenne ich doch mal eine enorme Einnahmesteigerung für die Deutsche Post/DHL, die ja bereits im Vorjahr pandemiebedingt satte Gewinne eingefahren hat.“

DHL: Anpassungen waren notwendig

In der Ankündigung der Deutschen Post DHL zu den Produktneuerungen sprach das Unternehmen von einer Verbesserung des Angebots beim kleinformatigen internationalen Versand. Neben der Anpassung der Maximalmaße war auch diese Wortwahl ein Kritikpunkt seitens der Händler. 

Auf unsere Nachfrage führt der Logistiker seine Beweggründe für Neuerungen ausführlicher aus: „Im Rahmen der Portfolioanpassung haben wir auch die in diesem Produkt maximal zulässigen Maße und Gewichte angepasst. Die Anpassungen waren erforderlich, weil die internationalen Zustellraten und Transportkosten deutlich angestiegen sind. So liegen die Kosten für schwerere und/oder größere warentragende Sendungen in den internationalen Briefnetzen mittlerweile in den meisten Destinationen auf dem Niveau der Paketzustellung. Wenn wir die Abmessungen der Warenpost International unverändert gelassen hätten, wären wir gezwungen gewesen, das Porto für größere und schwerere Sendungen erheblich anzuheben“, erklärt das Unternehmen. „Wir bedauern, dass einige Kunden von diesen Kostensteigerungen in besonderem Maß betroffen sind, denken aber, dass wir unser Portfolio unter den derzeitigen Rahmenbedingungen auch im Sinn der allermeisten unserer Kunden bedürfnisgerecht weiterentwickelt haben.“

Mindestmenge: Nicht alle Händler kommen auf 200 internationale Sendungen

Bei Musikhändler Neumann kommt an Sendungen für den internationalen Versand in etwa ein dreistelliges Volumen zusammen. Um die Warenpost International auch in Zukunft für kleinere Waren nutzen zu können – wenn er nicht gerade Schallplatten verschickt – muss er auf Sendungsmengen von mindestens 200 Stück pro Jahr kommen. Zuvor lag die Mindestmenge bei fünf Sendungen pro Quartal. 

Viele kleinere Händler kommen allerdings nicht mehr auf dieses hohe Volumen beim Auslandsversand – und sehen deshalb ihre Existenz gefährdet. Diesbezüglich gibt die Deutsche Post allerdings eine Entwarnung – denn es gehe lediglich um die Gesamtmenge von Sendungen, die über den Logistiker verschickt werden: „Ab einem Versand von 200 Sendungen (im Jahr) kann die neue Warenpost International genutzt werden. Die Menge kann sich zusammensetzen aus Paketen und Warenpostsendungen, national und international. Wird diese Menge nicht erreicht, so steht unseren Kunden z. B. das DHL Päckchen International oder das DHL Paket International zur Verfügung.“ Die Kosten dafür sind entsprechend abhängig vom Gewicht, Zielland, gewähltem Service, Versandmenge und dergleichen.

Um die Versandoptionen zu nutzen, ist es nötig, mit DHL einen Geschäftskundenvertrag abzuschließen, was einige Händler als Zwang interpretierten. Allerdings weist DPDHL darauf hin, dass auch zuvor ein Vertrag oder zumindest eine Registrierung als Geschäftskunde bei der bisherigen Warenpost International erforderlich war. Die Integration ins DHL-Geschäftskundenportal könne indes auch Vorteile für die Händler bedeuten: „Sie können neben dem Portal auch Systeme unserer Partner nutzen. Hier gibt es zahlreiche Anbieter für die unterschiedlichsten Anforderungen.“ Näheres über diese Partnersysteme stellt DHL auf der entsprechenden Informationsseite zur Verfügung. 

Eine Frage der Haftung: Scanprozess wurde bisher uneinheitlich gehandhabt

Mit den Neuerungen, die erst ab dem 1. Juli greifen, ging aber bereits eine Umstellung in den Postfilialen einher. So war es seit dem 1. Februar nicht mehr möglich, dass abgegebene Sendungen von Warenpost International in der Filiale gescannt wurden. Dadurch konnte auch kein Übergabebeleg ausgegeben werden – was vornehmlich die Frage nach der Haftung bei einem Sendungsverlust in den Raum stellte. Nicht zuletzt werden solche Belege auch als Haftungsnachweise für Marktplätze wie Amazon oder Ebay benötigt. 

Anlass für diese Veränderung war der Post zufolge jedoch der Wunsch nach Normierung: „Die Annahmeprozesse in den Filialen wurden vereinheitlicht. Auch bei der bisherigen Warenpost International war ein Annahmescan in den Filialen grundsätzlich nicht vorgesehen. Wir wissen, dass dieser Scan in manchen Fällen technisch möglich war und durch unsere Agenturpartner teilweise aus Kulanzgründen vorgenommen wurde. Insgesamt wurde der Prozess aber uneinheitlich und nicht zuverlässig gelebt, so dass es in diesem Punkt immer wieder zu Missverständnissen und Rückfragen gekommen ist. Bei der Umsetzung der neuen Warenpost International haben wir die Prozesse nun entlang dem Leistungsversprechen der Produkte und Produktvarianten nun auch in den Filialen umgesetzt“. 

Nicht länger und auch für gar keine Länder mehr wird es noch die „Warenpost mit Unterschrift“ geben, mit der ebenfalls eine Haftungsübernahme verbunden war. Bei diesem Produkt habe der Logistiker jedoch „eine sehr geringe Kundennachfrage“ verzeichnet. Als Alternative stünden dafür die Paket-Produkte zur Verfügung, für höherwertige Versande etwa das DHL Paket International.  

Händler haben Petition gestartet

Betroffene Händler wollen die Post allerdings mit Nachdruck umstimmen. Viele haben sich bereits direkt an das Unternehmen gewandt. Und Händler Dirk Borrmann hat auf Change.org eine entsprechende Petition „Für die Erhaltung der Warenpost International mit bisherigen Maßen“ gestartet – die aktuell bereits über 4.400 Unterzeichner unterstützen. Einer davon ist auch Andreas Neumann. Er habe sich mich mit dem Initiator „kollegial vernetzt, um weitere Aktivitäten zu koordinieren“, ebenso intervenierte er bei der Deutschen Post – der Versand der Schallplatte sei ein internationales Kulturgut. Ob und inwieweit die Deutsche Post möglicherweise auf die Forderungen der Unterzeichner und Händler eingeht, bleibt abzuwarten.

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Geschrieben von Hanna Behn
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