Worauf kommt es beim richtigen Umgang mit Retouren an? Ein vieldiskutiertes Thema, dass Unternehmen beim falschen Umgang schnell viel Geld kosten kann. In unserem Praxisartikel geben wir Hinweise und Tipps für den alltäglichen Umgang mit Retouren.

Der richtige Umgang mit Retouren.

(Bildquelle Retouren: Leonardo Franko - fotolia.com)

Am 23.04.2015 lud der Händlerbund gemeinsam mit KS Europe zu einem gemeinsamen Workshop ein. Dieser trug den Titel „internationaler Retourenworkshop“ und bot sowohl die Möglichkeit eines einzigartigen Austauschs, als auch die Gelegenheit der Besichtigung der Retourenbearbeitung von KS Europe in Pilsen und Tschechien, wo der Workshop auch stattfand.

Unser Autor Randy Meinhard hatte vor Ort die Gelegenheit sich mit Philipp Lück auszutauschen. Lück war zwischen 2012 und 2014 der operative Geschäftsführer von Returbo und hat in Pilsen, im Rahmen seiner Rolle als freiberuflicher Managementberater und Vertreter seines Unternehmens L.13 Beratung und Beteiligung, von seinen Erfahrungen zum Thema Retouren berichtet.

Das hohe Risiko der Zweitretoure bei Prozessfehlern

Returbo ist ein Zweitvermarkter, sowie Retourendienstleister mit dem Standort in Berlin. Durch das Geschäftsmodell bedingt, spielen Retouren an jeder Stelle der Prozesse eine zentrale Rolle, und somit ist jedes Produkt von Beginn an eine Retoure. 

Dies bedeutet auch, dass das Retourenmanagement an jedem Prozessschritt zu finden ist und eine aktive positive Beeinflussung des zukünftigen Retourenverhaltens des Kunden an jedem Prozesspunkt stattfinden muss.

Die Retoure vor der Retoure

Die E-Commerce Wertschöpfungskette beginnt bei Returbo mit Ware die zu 90% bereits im Rahmen der ersten Anlieferung eine Retoure darstellt und stellt sich wie folgt dar:

  • Retoure
  • Wareneingang
  • Stammdatenpflege
  • Contentmanagement
  • Verkauf
  • Logistik/Versand
  • Kundenservice
  • Retoure

„Eine Retoure spricht mit uns. Der Zustand der Retoure, die Verpackung, der Geruch, das Aussehen und natürlich auch die direkte Kommunikation mit dem Kunden in Form des Retourenscheins mit seinen Retourengründen, all diese Punkte sind für Returbo extrem wichtig und liefern uns entsprechende Informationen“, so Lück. 

Das Ziel ist es, diese Attribute sehr akribisch zu erfassen, zu kommunizieren und in den Systemen bereitzustellen.

Im Folgenden verdeutlicht Philipp Lück die Besonderheiten bei Returbo, im Umgang mit dem Thema Retourenvermeidung, an allen neutralen Punkten der Prozesskette.

Der Wareneingang

Fehlerfreies Arbeiten ist eine absolute Selbstverständlichkeit. Dennoch kommt es immer wieder zu Fehlern welche die zukünftige Retourenquote unmittelbar beeinflussen, oder sofern sie in Folgeprozessen auffallen und somit abgefedert werden können, zu erhöhten Aufwänden führen. Pickfehler und somit verlängerte Versandzeiten, sind häufig die Folge. Gerade im Bereich der B-Waren sieht Philipp Lück eine besonders hohe Anfälligkeit in Bezug auf diese Fehler, da es das gleiche Produkt in verschiedenen Zuständen im Lager geben kann. Und diese Unterschiede sind für den Mitarbeiter eben nicht immer auf dem ersten Blick ersichtlich.

Die Stammdaten

Die Produkte bei Returbo lassen im Zustand der Anlieferung häufig gute Stammdaten vermissen. So werden Artikel z.B. auch ohne einen eindeutigen EAN Code angeliefert, da es den Artikel auch in unterschiedlichen Farben gibt, der EAN jedoch für all diese Artikelausprägungen gleich ist. Hierbei ist es für den Einkauf respektive für das Produktmanagement absolut unerlässlich die Stammdaten entsprechend akribisch anzureichern. 

Falsche Farben, Varianten oder Größen fallen nach dem Erstkontakt mit der Ware später nur sehr schwer wieder auf. Und somit ist auch klar, dass die Ersterfassung verlässlich sein muss, da es im Nachgang kaum manuell (wirtschaftlich sinnvolle) Prüfprozesse gibt.

Nur so kann ein möglichst fehlerfreier Ablauf in den Folgeprozessen  (z.B. Marktplatzverkauf) sichergestellt werden.

Content is king

Diese Aussage traf Bill Gates bereits 1998. 

 Content is king. Content: Aussagekräftige Bilder und Texte helfen dem Kunden bei der Auswahl 

(Quelle: © L.13 Beratung und Beteiligung)

 

Ob Fotos, Artikeltexte, Videos, Bewertungen, Social Content, Customer Dialogue oder Datenblätter. Ein Produkt muss für den Kunden emotionalisiert und „erlebbar“ gemacht werden, denn auch damit lassen sich die Retourenquoten senken, so Lück. Lieber in der Produktvorbereitung höhere Initialkosten in Kauf nehmen, als später teuer nachbearbeiten lautet somit das Credo.

Und: Einmal erstellter Content muss gepflegt werden - er muss leben!

Der Verkauf

„Viele Händler denken Sie wären nach diesen Prozessschritten fertig“, so Philipp Lück. Richtig ist zwar, dass der Artikel durch die genannten Faktoren wie Foto, Text, Preise und dem verfügbaren Bestand nun verkaufsbereit ist, doch gerade jetzt wird es weiterhin wichtig sein stetig nachzujustieren. Daten müssen gesammelt und verarbeitet werden, das Feedback der Kunden sollte eingebaut und berücksichtigt werden. KPI´s müssen geprüft und optimiert werden und es sollte ein Traffic Monitoring erfolgen. Last but not least ist es natürlich insbesondere auch wichtig ein Feedback aus der Retourenabteilung und aus dem Kundenservice einzuholen.

Gleichzeitig empfiehlt Herr Lück, im Rahmen eines „Curated Shopping“ - Ansatzes, den Kunden nach seinen Präferenzen zu befragen, um daraus weitere Informationen zu erhalten.

Denn: Ist das Shopping-Erlebnis emotional individualisiert, so sinkt die Retourenquote.

Die Logistik

Mit folgenden Ideen und Ansätzen kann z.B. die Logistik bzw. der Versand das Retourenverhalten der Kunden maßgeblich beeinflussen.

  • Branded Package (z.B. Kartonagen mit Logo) und Beilagen - dies Maßnahme emotionalisiert und reduziert Retouren
  • Individuelle Pakete und Flyerbeilagen/Infozettel je nach Verkaufskanal
  • Ebay vs. Amazon vs. eigener Shop (Berücksichtigung der unterschiedlichen Plattformen und Channel (Versand/Retourenverhalten)
  • Nennung der direkten Kontakt- und Ansprechpartner auf z.B. „Zufriedenheitsbeilagen“ 
  • Tracking der Rücksendungen pro Mitarbeiter 
  • Ständige Stichproben auf Qualität und Prozesstreue
  • Verpackungsmaterial und Füllmaterial stetig optimieren 
  • Engste Carriersteuerung sicherstellen

Der Customer Service 

Hierbei ist es wichtig, dass die Unternehmensbereiche und Organisationseinheiten einen zuverlässigen Austausch der Informationen sicherstellen. Die interne Transparenz und Kommunikation untereinander und hier zum Customer Service sind demzufolge sehr wichtig und ein Erfolgsfaktor.

Beispielhaft seien hierzu genannt:

Der Customer Service sollte in Entscheidungen, die kritische Folgen haben könnten (z.B. Verzögerungen in der Versandzeit) mit eingebunden werden, um somit jederzeit eine Transparenz zum Kunden sicherstellen zu können.

Auch ist es wichtig z.B. Kundenfragen einheitlich zu beantworten:

  • Wie retourniere ich?
  • An wen wende ich mich?
  • Wie muss ich die Retoure verpacken?
  • Wer zahlt?

Das übergeordnetes Ziel sollte somit immer lauten: Wir wollen es unseren Kunden einfach machen!

Auch die Kompetenzen in der Kundenkommunikation sollten geregelt werden, im Unternehmen bekannt und in den Abteilungen gelebt werden. 

Hiermit seien Beispielhaft einige elementare Dinge angeführt:

  • Kulanzregelungen (der Rabatt kann Retouren verhindern, die hinterlegten Regeln funktionieren aber nicht - im Rahmen eines solch offenen Feedbacks aus den Abteilungen sollten auch Regeln immer wieder hinterfragt werden können)
  • Den Kunden um etwas „Bitten“ ist erlaubt (Grundsatzurteil)
  • Nachfragen ist erlaubt
  • Feedbackgespräche mit dem Kunden sind erwünscht und wichtig. Die Ergebnisse dessen sollten transparent sein
  • eine Kostenübernahme der Versandkosten darf/muss bewusst entschieden werden
  • Grundsatzüberlegung der Vorteile von Kommunikation Mail vs. Telefon und der gezielte Einsatz dieser Kommunikationskanäle

 Retourenprozess und Zweitvermarktung: Eine effektive Zweitvermarktung kann den zeitlichen Wertverfall mindern

Retourenprozess und Zweitvermarktung.

Der Einsatz eines BI-Systems (Business Intelligence) kann durch die unterschiedlichen Analyse-Kombinationsmöglichkeiten spätere Auswertungen vereinfachen. Dies ermöglicht z.B. spätere sendungsbezogene (operativ), artikelbezogene (Sortiment) und wertbezogene (kaufmännisch) Betrachtungsweisen. Gleichzeitig können weitere Schritte abgeleitet werden.

Zusammenfassung: Die Retoure als Erfolgsfaktor

Zusammenfassung Thema Retouren.

Wie die Praxis zeigt, ist dies nicht immer die verbreitete Sichtweise. Doch gerade das Beispiel von Herrn Lück zeigt, dass die Durchgängigkeit, sowie die konsequente Einhaltung und stetige Verbesserung der genannten Faktoren an jedem Punkt der Prozesskette, einen großen Unterschied machen. 

 

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Geschrieben von Randy Meinhard