Kaum eine Branche wird so sehr von äußeren Einflüssen beeinflusst wie die Transportbranche. Vor allem die Schwankungen beim Ölpreis machen speziell Klein- und Kleinstbetrieben zu schaffen. Die Euler Hermes Studie 2015 prognostiziert deshalb für 2016 eine steigende Anzahl von Insolvenzen in der Transportbranche.

Lkws stehen im Stau auf Autobahn
© Gina Sanders – fotolia.com

Die Transportbranche steht unter Druck. Nach Angaben des Euler Hermes Reports „Straßentransport in Deutschland: Kurzfristige Rentabilität durch niedrigen Ölpreis – und danach?“ wird es im kommenden Jahr verhältnismäßig viele Insolvenzen in der Branche geben. Der Grund sind die steigenden Lohnkosten und der wieder ansteigende Ölpreis, der die Lohkosten bisher ausgleichen konnte und die Unternehmensmargen um 0,1 Prozent auf durchschnittlich 2 Prozent steigen ließ.

Steigender Ölpreis frisst Gewinne

Der Report geht davon aus, dass sich dank der wieder ansteigenden Rohölpreise die sich dank des Mindestlohns gestiegenen Personalkosten 2016 auf die Gewinnmargen auswirken werden. Diese sollen um 0,2 Prozent auf 1,8 Prozent sinken, was viele Klein- und Kleinstbetrieben in Bedrängnis bringen wird.

„Ölpreis- und Mindestlohneffekt wiegen sich derzeit auf – 2016 ist damit jedoch schon wieder Schluss“, sagte Ludovic Subran, Chefökonom der Euler Hermes Gruppe. „Wir gehen davon aus, dass der durchschnittliche Ölpreis im kommenden Jahr von 63 US-Dollar pro Barrel auf rund 75 US-Dollar ansteigt. Das trifft insbesondere die Klein- und Kleinstbetriebe hart. 99% der deutschen Transportunternehmen sind kleine und mittelständische Unternehmen – knapp 70% haben sogar weniger als neun Mitarbeiter. Das bedeutet, der Wettbewerb steigt nochmals deutlich an, denn sie haben keine Marktmacht und Möglichkeit steigende Kosten weiter zu geben. Der eine oder andere wird dies nicht durchhalten – zumal die Kapitaldecke in den kleinen Betrieben oft dünn ist.“

Niedrige Markteintritts-Schwelle sorgt für enormen Wettbewerb

Aufteilung deutsche Transportbranche nach Unternehmensgröße
Quelle: Destatis, Euler Hermes

Das Angebot in der Branche ist sehr breit. Es gibt nach Aussage der Studie nur einige wenige wirklich große Transport- und Logistikunternehmen. Den Großteil machen viele kleine und kleinste Spediteure und Frachtführer aus. Mit einem Anteil von 98 Prozent dominieren die KMUs zwar den Markt, besitzen jedoch meist nur sehr wenig Fahrzeuge bzw. Lkws. Und die Zahl wird sich auch nicht verringern, da es in der Branche nur wenige Hindernisse für den Markteintritt gibt. Entsprechend hoch ist der Wettbewerb und entsprechend niedrig die zu erwirtschaftenden Margen.

Auf der anderen Seite stehen die Großunternehmen, die selbst eher weniger Fahrzeuge besitzen, aber problemlos einen großen Teil der Aufträge an kleine Transportfirmen vergeben und einen echte Preismacht gegenüber den Kunden ausüben.

Neben steigendem Ölpreis und hohen Lohnkosten macht auch die Konkurrenz aus Osteuropa Druck bei den Kosten. Durch die Möglichkeit der Kabotage, dem Erbringen von Transportdienstleistungen innerhalb der Europäischen Union (EU), gewinnt insbesondere Polen seit Jahren massive Marktanteile. Noch sind die deutschen Trucker führend in der EU mit 305.744 Mt/km im vergangenen Jahr. Im Gegensatz zu den polnischen Spediteuren (Platz zwei in Europa mit 247.595 Mt/km) verlieren sie jedoch Marktanteile und werden zunehmend auf den Binnenmarkt zurückgedrängt. Beim Straßentransport macht der Heimmarkt für deutsche Logistiker heute bereits 84% aus. Der internationale Anteil sank zwischen 2010 und 2013 um 19%.

Prognose: Zahl der Insolvenzen soll steigen

Als Resultat der hohen Marktfragmentierung und der geringen Rentabilität (hohe Lohnkosten und steigender Ölpreis) erwarten die Autoren für das kommende Jahr eine Vielzahl von Insolvenzen. Besonders betroffen sind vor allem Klein- und Kleinstunternehmer. Dabei ist der Wert der Insolvenzen in der Branche ohnehin besonders hoch – sieben Prozent der Gesamtinsolvenzen kommen aus der Branche. Und dabei macht sie nur fünf Prozent des BIPs aus. Der Markt soll aber auf Grund der Firmenneugründungen an sich stabil bleiben.

Insolvenzen im transportwesen
Quellen: Destatis, Euler Hermes

Dirk Hagemann, Fachbereichsleiter Risikoüberwachung bei Euler Hermes, sieht in der Speditionsbranche eine Zweiklassengesellschaft: „Zum einen viele kleine Spediteure, die zum Teil kaum eine Marge von 1% erreichen und deshalb häufig ums Überleben kämpfen und zum anderen Logistikanbieter, die komfortable Margen von bis zu 6% erreichen.“

Um am Markt überleben zu wollen, müssen Transportunternehmen mehr als die reine Logistik bieten. Mit einem Angebot komplexer Dienstleistungen müssen sich die Unternehmen nur bedingt mit den Konkurrenten aus Osteuropa vergleichen. Denn, so Hagemann weiter: „Mit komplexeren Services und einem Mehrwert können die deutschen Spediteure aber sowohl der osteuropäischen Konkurrenz die Stirn bieten als auch ihre Margen und ihren Marktanteil halten.“

Die vollständige Studie „Straßentransport in Deutschland: Kurzfristiger Rentabilitätsvorteil durch niedrigen Ölpreis – und danach?“ können Sie hier kostenfrei als PDF herunterladen.

 

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Geschrieben von Julia Ptock




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